zurück 5.6.1868, Freitag ID: 186806055

Briefentwurf Herbecks [zum Brief vom 10.6.1868]:
»Sehr geehrter Herr!
   Gleich nach meiner Rückkunft sprach ich in Ihrer Angelegenheit mit H. Hofr. v. Imhof und erhielt erzielte als Resultat - wie ich es Ihnen schon in Linz voraussagte - daß sich trotz den besten Absichten des H. Hofr. für Sie - in Bezug auf irgend eine Zusicherung - Versorgung im [zuvor Geschriebenes durchgestrichen, nicht mehr deutlich lesbar] möglichen Falle der Erwerbsunfähigkeit betreffend - unter den jetzigen Verhältnißen gar nichts thun lasse. Sie wissen selbst am besten wie viel mir daran gelegen war & ist Sie nach Wien zu bringen und gerade deßwegen habe ich als ehrlicher [korrigiert in »ehrlich meinender«] Mann die Pflicht, Ihnen nochmals zu sagen: unter den ich kann Ihnen durchaus nicht zurathen eine ehrenvolle aber materiell im[m]erhin nicht niet u. nagelfeste Stellung anzu in Wien anzunehmen und Ihre jetzige gewiß auch ehrenvolle Stellung, die überdies materiell einträglicher ist und zudem noch [darüber eingefügt: »Existenz=«]Bürgschaft [ein Wort darüber eingefügt und wieder durchgestrichen] für einen möglichen Unglücksfall bietet, aufzugeben. X [das Folgende am rechten Rand senkrecht notiert und mit »X« markiert:] Auch hiesige Erkundigungen belehrten mich, der Fall, daß ein bei einem Domkapitel Angestellter, der [durchgestrichen: 2 Worte, unleserlich] mit Auszeichnung diente, im Falle seiner Hülflosigkeit unversorgt geblieben wäre, sei noch nie vorgekom[m]en.
[Absatz, wieder im ursprünglichen Schriftbild] Sollten Sie sich dessenungeachtet aus eigenem Antrieb entschließen nach Wien unter den besprochenen Bedingungen zu kom[m]en, so bitte ich Sie dringend, bevor Sie diesen Entschluß definit unwiederruflich faßen, reiflichst zu erwägen ob Ihre eventuelle hiesige Stellung, die Sie zumeist auf den Unterricht verweist [korrigiert in: »verweisen wird«], Ihrer Neigung, Ihrer Art und Weise Begabung
[Rückseite des Blattes:] die eigenen großen Kenntniße Anderen beizubringen, entspricht, ob Sie sich überhaupt auf diesem Boden, der [darüber eingefügt: », ich wiederhole es,«] hauptsächlich durch Unterrichtgeben Früchte trägt [korrigiert in: »tragen soll«] wohl fühlen werden, da Sie sich jetzt den weitaus größten Theil ihres Einkom[m]ens durch Orgelspiel und Dirigieren verschaffen.
   Haben Sie das Alles gewissenhaft erwogen, steht ihr [darüber eingefügt: »Übersiedlungs«]Entschluß dann noch fest, so bitte ich Sie dann [?] niemals zu vergessen daß Sie diesen Schritt aus eigenem Entschluß [darüber eingefügt: »auf eigene Gefahr«] gethan, daß ich zwar nur mitgeholfen Ihnen die hiesige höchst auszeichnende, aber keineswegs materiell glänzende und nicht mit absoluten Sicherheiten verbundene Stellung anzu anbieten zu können, daß ich aber, käme irgend ein hinkender Bote mit getäuschten, von mir nicht genährten Erwartungen oder was Gott verhüte, ein Unglück, das Erwerbsunfähigkeit im Gefolge hätte, nach, - ich um keinen Preis eine Verantwortung oder Haftung moralischer oder materieller Natur übernehmen kann.
   Ob es möglich sein würde, Ihrem gern [??] ausgesprochenen Wunsch, durch Erweiterung Ihrer projectirten Stellung den prop [?] vorgeschlagenen Gehalt von 600 fl [mit Ziffern korrigiert aus »von 600 fl Gehalt«] um etliche hundert Gulden zu erhöhen, nachzukom[m]en, kann ich jetzt nicht beantworten; ich werde diesen Punkt aber in der nächsten Directionssitzung zur Sprache bringen und Ihnen das Resultat augenblicklich dann sogleich mittheilen. * [am Unterrand mit dem Verweiszeichen nachgetragen: »* (Ein Eingreifen von Seite d. Ministeriums zu erwirken zu können halte ich für mehr als unwahrscheinlich.)«] Bis dahin überlegen Sie sich die Sache - und sollte ich Ihnen bezüglich der [durchgestrichen: »Vermehr«?] Gehaltsvermehrung [eingefügt und wieder durchgestrichen: »selbst«] Günstigeres mittheilen können - beleuchten Sie die Angelegenheit noch zehnmal von allen Seiten, dann erst antworten Sie, was ihr ruhiger [??] durchgeprüfter freier Wille ist. Sich ja nicht zu überstürzen, rathe [eingefügt: »ich«] Ihnen dringend!
Ihr Sie herzlich grüßender Es bleibt mit herzlichem Gruß Ihr wohlmeinender, aufrichtig ergebener JHerbeck.
18 5/6 68.«


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 186806055, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-186806055
letzte Änderung: Mär 05, 2023, 21:21