Bruckner wird erwähnt in der mit "-ald-" signierten Kritik zur Aufführung der Vierten Symphonie von Gustav Mahler in Graz am 3.11.1905 unter Richard Wickenhaußer im Grazer Tagblatt Nr. 306 auf S. 1f:
"[…] Neben begeistertem Beifalle gab es bedenkliches Kopfschütteln, neben lebhafter Aufmerksamkeit las man Abspannung und Langeweile auf den Gesichtern. Ist denn Mahler eine so zwiespältige Natur? Es scheint fast so. In seiner vierten Sinfonie (in G-dur) liest er die einfältigsten Motive auf, wie sie nicht einmal Bruckner in seinen Trios anzuwenden wagte, und verarbeitet sie zu sinfonischen Rätseln. […] Mahler, der in der kontrapunktischen Gewandtheit seinen Meister Bruckner zu erreichen sucht, hätte seinem Meister nicht auch in der Weitläufigkeit der Gedankenzerlegung folgen sollen. […] Es prunkt und prahlt, wenn Mahler in seiner vierten Sinfonie mit der Gewandtheit eines Taschenspielers das Straßen- oder Stall-Motiv der abgeschlossensten Ländlichkeit in ein künstliches Konglomeratgebilde der Kontrapunktik umwandelt. In seinen Sinfoniesätzen weiß er uns erst durch eine einfache, einschmeichelnde und sinnlich wohltuende Weise einzuwiegen, um uns dann durch den tollen Hexentanz der Instrumente umso empfindlicher aufzurütteln. Aus jedem Satze, sogar aus dem dritten Satze, spricht das Selbstgefallen eines musikalischen Hexenmeisters. […] Dem Verständnisse, das Mahlers seltsame Partitur bei Herrn Richard Wickenhausser fand, im Vereine mit der Fähigkeit, mit der die Mitglieder des Orchesters dieses Verständnis auffaßten, ist der schöne Erfolg des ersten Orchesterkonzertes zu danken. […]".
Zitierhinweis:
Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 190511045, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-190511045letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11