zurück 22.10.1871, Sonntag ID: 187110225

Artikel zur Affaire St. Anna im Wiener Witzblatt »Die Bombe« Nr. 42 auf S. 187: Er soll zu den Schülerinnen zu liebevoll gewesen sein. Auch Lewy soll seinen Schülerinnen »d'Lewy-ten« gelesen haben:
"Brief der Entrechatssali an die Pawlatschentini.
          Meih liwe Tinni!
     Was sogst derdenn Du zu den Brofesor Bruckner sein Kschik? Herst des wird der ower do scho's hexte Kaffeehaus sein! [...] Um aufn Bruckner zruck zkommen, soll er si an Kini von Baiern gwendt habn um a Angaschma obgleich i nit verstehn konn worum. | Denn, wenns nit wohr is, wos d'Leit iber sein Unterricht mit die Schilerinen gredt hobn, warum vadefendirter si nit, und wenns wohr is, wi konner glauben, daßn da Kini angaschirt?! | Hab i nit Recht?! | No servus, olti Haut und loss amol was vun dir herrn. | Des bitti Dei Sali." (*).

Meldung »Bruckner nicht entlassen« im Steyrer »Alpenboten« Nr. 85, S. 6:
»(Bruckner nicht entlassen.) Herr Bruckner richtet an die Linzer Tagespost folgendes Schreiben: Löbliche Redaction! Aus Anlaß der in Ihrem geschätzten Blatte in Betreff meiner angeblichen Enthebung vom Unterrichte an der Lehrerbildungs=Anstalt zu St. Anna gebrachten Notiz, finde ich mich verpflichtet, zur Aufklärung des Sachverhaltes zu veröffentlichen: Daß es allerdings richtig sei, daß gegen mich verleumderische, böswillige, anonyme Denunciationen bei der Direction der vorbenannten Anstalt vorgebracht wurden. - In wie ferne diese eine Berechtigung haben, mag man aus dem Inhalte des nachstehend angeführten Zeugnisses entnehmen: "Zeugniß. Die gefertigte Direction bestätigt mit Vergnügen, daß der Herr k. k. Hoforganist Prof. Anton Bruckner an der Staatsanstalt für Bildung von Lehrerinen [sic] in Wien im Schuljahre 1871/72 [sic] den Unterricht im Klavierspiel mit ausgezeichnetem Erfolge leitete, ein vorzügliches Lehrgeschick bewährte, durch streng moralische Haltung, durch hingebenden Eifer an die Sache und durch jene Eigenschaften, die den Künstler wie den Lehrer ehren, sich jederzeit auszeichnete. Wien, am 17. October 1871. - Robert Niedergesäß, k. k. Director an der k. k. Staatsanstalt für Bildung von Lehrerinen in Wien". - Ich setze voraus, daß jene geehrten Redactionen, welche die Notiz wegen meiner angeblichen Enthebung brachten, auch diese Notiz aufnehmen werden. Anton Bruckner, k. k. Hoforganist und Professor am Conservatorium in Wien.« (**).

Die Morgenpost Nr. 292 bringt auf S. 4 Details zum 3-tägigen Kirchenfest in der Kirche Maria am Gestade: Die Solisten bei Haydns Nelson- und Theresienmesse und Mozarts Krönungsmesse [22.10. bis 24.10.1871] seien die Damen Ribarz, Tremml, Girsa und Lederer (aus Lemberg) und die Herren Dunkl, Teller, Dr. Kraus, Dr. Schmid und Walter [Gesang] und Prof. Kleinecke (Horn); Leitung: Eder (***).

Laut Notiz des Österreichischen Journals Nr. 292 auf S. 5 kommen die Theresienmesse am 23.10.1871 und die Mozart-Messe am 24.10.1871 zur Aufführung. Hinweis auf die heutige Kirchenmusik:
     "Bei der dreitägigen Kirchenfeier in der Kirche Maria am Gestade gelangen zur Aufführung heute Sonntag: Haydn's Nelsonmesse, Montag [... Soli: Ribarz, Treml, Girsa, Lederer, Dr. Krauß, Schmid, Walter, Kleinecke ... es wird] die Orgel vom  Hoforganisten Hrn. Bruckner gespielt." (°).

Bruckner spielt Orgel in der Kirche Maria am Gestade [nur am 22.10.]. Es wird Haydns Nelson-Messe aufgeführt, bei der als Solisten Ribarz, Tremml, Dunkl und Dr. Krauß mitwirken (°°).
Die Orgel war 1821 von Friedrich Deutschmann (1757 - 1826) gebaut worden; ein Neubau erfolgte 1884 durch den Linzer Johann Lachmayr (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 187110225, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-187110225
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11