zurück 13.10.1873, Montag ID: 187310135

Das Neue Wiener Blatt Nr. 195 bringt auf S. 1f einen Artikel von Theodor Helm mit einem Ausblick auf kommende Konzerte:
     "An der Schwelle der Konzertsaison*). [Fußnote: *) Vergl. Nr. 188 des "N. W. B."]
          II.
     Wie wir unsern Lesern schon vor acht Tagen mittheilten [... Hellmesberger-Quartett, u. a. mit Werk von Dr. Alfred Julius Becher ... Termine der Philharmonischen Konzerte und der Gesellschaftskonzerte ... Beethoven-Festkonzert, Vereins-Konzerte ...]
     Die eigentliche Eröffnung der Saison und zugleich (wie er sich etwas pomphaft ausdrückt) den musikalischen Schluß der Weltausstellung (!) besorgt unser akkredidirter Organist Herr Bruckner mit seinem großen Konzerte vom 26. Oktober (im großen Musikvereinssaale.
     Das Konzert bietet die C-dur=Orgel=Toccata von Bach, eine Improvisation des Konzertgebers (wenn sie nur besser ausfällt, ale jene im ersten vorjährigen Orgel=Konzerte [15.11.1872] langweiligen Angedenkens! Endlich Bruckner's große (zweite) Symphonie, ein Werk, über welches die Ansichten der Kunstfreunde soweit auseinandergeben [sic], daß man auf dessen erste öffentliche Aufführung gespannt sein darf.
     Es möge bemerkt werden, daß Bruckner einer der wenigen jungen Komponisten ist, welche so glücklich waren, von dem oft launischen und mysantropischen [sic] Richard Wagner bei Ueberreichung eines eigenen Tonwerkes freundliche Aufnahme und Aufmunterung zu finden. Wagner soll sich nicht nur über Bruckner's neueste Symphonie sehr günstig geäußert, sondern auch die Widmung dieses Opus "huldvollst" angenommen haben.
     Die Philharmoniker hatten die Aufführung der Bruckner'schen Symphonie abgelehnt, "weil sie um eine Viertelstunde länger dauerte, als die längste aller bekannten Symphonien, die Schubertsche in C."
     Da schon die "himmlische Länge" der letzteren (bekanntlich Schumann's Wort!) unserem Wiener Publikum oftmals so irdisch drückend wurde, sind wir um so mehr begierig, wie sich dasselbe zu einem Werke stellen wird, welches, von seinen sonstigen eventuellen Schönheiten abgesehen, ihnen Alles eher bieten     dürfte, als den blühenden Schubert'schen Melodienreichthum.
          Dr. Theod. Helm."


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 187310135, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-187310135
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11