zurück 5.8.1886, Donnerstag ID: 188608055

[Erst am 6.8.1886 (*) veröffentlichter?] Bericht der Oberfränkischen Zeitung über den Ablauf des gestrigen Trauergottesdienstes und Bruckners Orgelspiel (**).

Die Linzer Zeitung meldet, daß Bruckner beim Requiem für Liszt (am 4.8.1886) Orgel spielte, und erwähnt ein Präludium [vermutlich damit eine Improvisation gemeint]:
    »Privattelegramme der "Linzer Zeitung".
    Bayreuth, 4. August. Heute wurde ein stilles Requiem für Liszt abgehalten. Frau Cosima Wagner wohnte demselben nicht bei. Die Kirche füllten über 2000 Personen. Es langen noch hunderte von Kränzen aus allen Weltgegenden an. Meister Bruckner spielte die Orgel und machte besonders durch ein Präludium eigener Composition einen großartigen Eindruck.« (***).

Auch der Brünner Tagesbote Nr. 176 berichtet auf S. 4 von der gestrigen Trauerfeier:
     "(Der Trauergottesdienst für Liszt.) Aus Bayreuth 4. August wird telegraphiert: Heute früh fand in der schwarz drapirten katholischen Kirche der Trauergottesdienst für Liszt statt. Es wurde ein stilles Requiem abgehalten, da Liszt dem dritten Orden des heiligen Francicus [sic] angehörte, dessen Regeln einen feierlichen Trauergottesdienst verbieten. Der Katafalk war von Blattpflanzen und vielen Kerzen umgeben, auf dem Katafalk lagen Hunderte von Kränzen, die erst nach der Beerdigung aus allen Himmelsgegenden hier eintrafen. Zu Häupten liegen die Orden des Verblichenen. Die Spitzen der Behörden, die Festgäste und die Bevölkerung füllen die zweitausend Personen fassende Kirche bis zum Erdrücken. Hoforganist Bruckner von Wien spielte die Orgel meisterhaft, hiesige Lehrer sangen einen Choral. Frau Wagner wohnte dem Trauergottesdienste nicht bei. Die Zahl der Liszt gespendeten Kränze wächst ins Unglaubliche, aus allen Weltgegenden treffen sie ein oder werden Orders gegeben, solche anfertigen zu lassen. Noch während des Gottesdienstes wurden sie dutzendweise am Katafalk niedergelegt; sie bedeckten die ganze Breite des Kirchenschiffes. Sämmtliche Kränze werden, wie bei Wagner’s Beerdigung, in einem Zimmer des »Wahnfried« aufbewahrt werden." (°).

Wesentlich kürzer die Meldung in der Wiener Morgenpost Nr. 215 auf S. 3:
     " * (Franz Liszt †.) Gestern Früh fand in der katholischen Kirche von Bayreuth ein stilles Requiem für Liszt statt, bei welchem Professor Bruckner aus Wien die Orgel spielte. Frau Cosima Wagner wohnte der Trauerfeier nicht bei. Noch immer treffen in Bayreuth Kränze aus allen Weltgegenden ein, die sämmtlich in einem Zimmer des "Wahnfried" aufbewahrt werden." (°°).

Das Neue Wiener Tagblatt Nr. 215 schreibt auf S. 5:
     "Bayreuth, 4. August. Heute fand das Requiem für Liszt statt, welchem die Angehörigen und sämmtliche Künstler der Festspiele anwohnten. Die Kirche war überfüllt. Professor Bruckner spielte auf der Orgel ein auf ein "Parsifal"=Motiv aufgebaute Einlage und zum Schlusse eine prachtvolle Fuge.
     Beim gestrigen Begräbniß Liszt's fand deshalb keine Musikaufführung statt, weil Frau Cosima einen diesbezüglichen Wunsch gegenüber den Hofkapellmeistern Levy und Mottl äußerte, welche mit dem ganzen Orchester den Siegfried=Todtenmarsch im "Wahnfried" vor Uebertragung des Sarges in den Todtenwagen aufführen wollten.
     Zu einer der letzten Aufführungen des "Parsifal" und des "Tristan" wird Prinz Wilhelm von Preußen hieherkommen." (°°°).

Auch das Prager Tagblatt Nr. 215 berichtet auf S. 7:
     " ~ Bayreuth, 4. August. Heute Früh fand in der schwarz drapirten kathol. Kirche der Trauergottesdienst für Liszt statt. [... stilles Requiem ... Blumen, Kerzen, Kränze, Orden, 2000 Personen ...] Hoforganist Bruckner von Wien spielte die Orgel meisterhaft. Die hiesigen Lehrer sangen einen Choral." (#).

 

 


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188608055, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188608055
letzte Änderung: Jun 23, 2023, 14:14