zurück 13.3.1889, Mittwoch ID: 188903135

Bruckner besucht die zum Andenken an Johanna Hueber gelesene Messe in der Schottenkirche (*).

[Artikel des »Vaterland« siehe 13.3.1890] (**).

Artikel von Theodor Helm (über die 7. Symphonie am 24.2.1889) im Pester Lloyd Nr. 72:
          "Wiener Musikbrief.
     Wieder einmal stehen wir unter dem gewaltigen Eindrucke der großen D=Messe Beethoven's [... über das Gesellschaftskonzert und das Nicolai-Konzert ...]
     Ein großartiges, überaus zahlreich besuchtes Orchester=Konzert veranstaltete am 24. v. M. unter Mitwirkung der von Hans Richter geleiteten vollzähligen Philharmonischen Kapelle unser Akademischer Wagner=Verein. Man hörte da [... Marsch der Heiligen drei Könige aus Liszts "Christus" ...], dann Anton Bruckner's große siebente Symphonie in E-dur, endlich die leidenschaftstrunkene Venusberg=Musik [...] Sämmtliche Tonwerke fanden stürmischen Beifall, einen geradezu begeisterten Bruckner's (auch in Budapest bekannte) Symphonie, welche diesmal noch viel entschiedener durchgriff, als vor drei Jahren bei der ersten Aufführung in einem philharmonischen Konzert.
     Damals zeigte sich zwar eine enthusiastische Minderheit unermüdlich im Beifallsklatschen, die eigentlichen Stammbesucher der philharmonischen Konzerte (von denen freilich Manche nur um der Mode willen an Ort und Stelle erschienen) nahmen aber in hellen Schaaren Reißaus, so daß das Finale der Symphonie vor halbleeren Bänken spielte. Diesmal rührte sich Niemand vom Platze, horchte Alles mit unverbrüchlicher Aufmerksamkeit bis zum letzten Bogenstrich und gewann Bruckner's merkwürdige Schöpfung künsterlische Proselyten selbst aus den Reihen Derjenigen, die ihr vor drei Jahren zweifelnd, oder richtiger gesagt: ablehnend gegenüber waren. Charakteristisch ist in dieser Beziehung des Verhalten Ludwig Speidel's, der als erklärter Anti=Wagnerianer die ihm zu "wagnerisch" erschienene Bruckner'sche Symphonie nach der Erstaufführung ignoriren zu müssen glaubte, während er sich nach dem wiederholten Anhören der kolossalen Tondichtung zu der bedeutsamen Aeußerung gedrängt fühlte: "Könne man auch Bruckner nicht in die letzten Konsequenzen seines Werkes folgen, so sei man doch gezwungen, die Genialität anzuerkennen, die in seiner Erfindung und in seinen mächtigen Kombinationen walte. Der Größe des Adagios stehe man geradezu staunend gegenüber. So viel an dieser Erscheinung auch fremdartig anmuthen will, es sei unmöglich, sie nicht zu ehren.
     Daß sich unser unübertreffliches Orchester bei dieser Gelegenheit in seinem vollen Glanze zeigte, braucht kaum besonderer Bemerkung. [... über die Solisten Frau Materna und Herr Jäger und in der Folge über weitere Konzerte ...] (***).

Über dieses Konzert schreibt auch Hans Paumgartner in der Wiener Zeitung (=Wiener Abendpost Nr. 60) auf S. 5f :
                          "Musik.
               Concerte.

     Im vierten Gesellschafts=Concerte wurde die Beethoven'sche Missa solennis äußerst würdig zur Aufführung gebracht. [... hohes Lob für Marie Wilt ... weitere Konzerte ...]
     Unter den orchestralen Ereignissen der letzteren Zeit steht in allererster Linie die Aufführung der siebenten Symphonie in E-dur von Anton Bruckner. Dieses herrliche, in allen Sätzen so bedeutungsvolle Werk, dessen beide Mittelsätze insbesondere die volltönende Sprache des echten Genies sprechen, wurde mit kolossalem Jubel aufgenommen. Man darf nicht einwenden, daß immer nur eine Clique tobsüchtiger Jünglinge den Erfolg Bruckners zu machen verstehe. Im Gegentheile, derartige Enthusiasten sind häufig gefahrbringend. Sie ärgern und stören den verständnißvollen Zuhörer, dem jede brutale Parteinahme, auch wenn sie für eine von ihm hochgehaltene Sache in brüllende Erscheinung tritt, ekelhaft sein wird. Bruckner steht über dem Parteitreiben, sonst wäre er nicht der echte geniale Künstler. Es geschieht ihm allerdings hier Unrecht. Ein großer Theil der Kritik pflegt ihn stets in den Koth zu ziehen, und die Philharmoniker verhalten sich doch im Ganzen ablehnend gegen ihn. Nun mag man damit den Ausbruch des wilden Indianer=Geheuls bei den Jungen als gerechtes Entrüstungs=Meeting entschuldigen, aber recht widerlich bleibt die Sache immer. Die ganze Zuhörerschaft war letzthin durch Bruckners Meisterwerk begeistert und hingerissen und hatte wahrlich nicht diese lärmende Anleitung nöthig. Wann wird endlich ein Mal dieses widerwärtige Parteitreiben in der Kunst aufhören?    dr. h. p." (°).

Ankündigung des morgigen Konzerts (mit dem Quintett) mit Hinweis auf eine Programmänderung

im Illustrierten Wiener Extrablatt Nr. 72 auf S. 5 ("* Herr Prof. Door hat sich die rechte Hand verletzt ...") (°°)

und in der Neuen Freien Presse Nr. 8819 auf S. 7:
   " - Herr Professor Door hat sich die rechte Hand verletzt; in Folge dessen muß im nächsten Hellmesberger=Quartett seine Mitwirkung sowie die Aufführung des Piano=Quartetts von Heinrich XXIV., Prinz Reuß, entfallen. Das Programm lautet jetzt: Bruckner, Quintett; Reinhold, Serenade für Piano und Violine (Piano, Herr Theodor Plowitz); Beethoven, Quartett A-moll, op. 132." (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188903135, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188903135
letzte Änderung: Mai 13, 2024, 21:21