zurück 5.12.1889, Donnerstag ID: 188912055

Das Deutsche Volksblatt Nr. 332 berichtet auf S. 3 von der Aufführung der Gradualien »Locus iste« und »Os justi« durch den Kirchenmusikverein an der Votivkirche [am 1.12.1889]:
   "[...] Derselbe erste Tag des Christmondes brachte in der ersten Aufführung des „Kirchenmusik-Vereines an der Votivkirche” wahres, herrliches Neues in zwei Gradualien in „Locus iste” (aus den Concerten des Akademischen Wagner-Vereines bekannt) und „Os justi” (in lydischer Tonart) von Anton Bruckner. Es hat einen tiefen Sinn, daß der junge Verein das erste Auftreten seines strebsamen und feuereifrigen Chores im Concertsaale mit diesem Meister feierte, der seinem Wollen die Weihe gebe [...]
     Nachdem der Verein unter dem Vorsitze des ebenso kunstbegeisterten als weitblickenden Prälaten Dr. Gottfried Marschall steht, darf man aller verbohrten Einseitigkeit zum Trotz, eine werkthätige Pflege feiner echter Kirchenmusik erwarten, wie sie in unserer Zeit in den Namen Bruckner und Liszt gipfelt. [...] A. Göllerich." (*).

Die Österreichische Volkszeitung Nr. 335 weist auf S. 4 auf die im Verlag Gutmann erschienene [Partitur der] 4. Symphonie hin:
     " - Anton Bruckner's Es-dur-Symphonie, vom Komponisten „die romantische” benannt, ist in der Partitur=Ausgabe im Verlage der k.k. Hof=Musikalienhandlung Albert J. Guttmann erschienen. Das dem Ersten Oberhofmeister des Kaisers Prinzen Konstantin Fürsten zu Hohenlohe gewidmete Werk wurde für die kommende Musikzeit von vielen auswärtigen Symphonie=Orchestern zur Aufführung angenommen."  (**).

Brief von Karl Muck an Wilhelm Kienzl: 
»Prag, 5.XII.89
Mein lieber Freund!
   Nimm zunächst den allerherzlichsten Dank für die rasche Übersendung der Bruckner'schen Symphonie.
   Als ich dieselbe vor zwei Jahren [15.1.1888] hier zum ersten Mal aufführte, kaufte Neumann das vollständige Material. Dasselbe ist aber sehr ungenau und voller Fehler; da nun bei der hiesigen Arbeitslast die Anzahl der Proben immer auf das Allernöthigste beschränkt werden muß, konnte ich mir nicht die Zeit nehmen, dieses Material einzurichten; ich pumpte mir damals schon die Symphonie von Euch aus, und unser Material wanderte unbenützt in's Archiv. - Diesmal hatte ich noch viel weniger Zeit zu Correkturproben; und Du halfst mir durch die freundl. Uebersendung aus einer großen Verlegenheit. [...] Gestern Abend fand das Concert statt [...] Die Symphonie, die bei der ersten Aufführung den hiesigen Juden gar nicht recht schmecken wollte, hatte ich gerade deßwegen wieder auf's Programm gesetzt; diesmal schienen sie's besser zu kapieren: der Erfolg war ein Durchschlagender. Die Aufführung war (natürlich immer mit Rücksicht auf die vorhandenen Kräfte!) eine sehr gute. [...]« (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188912055, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188912055
letzte Änderung: Mär 19, 2023, 16:16