zurück 25.5.1890, Pfingstsonntag ID: 189005255

Kalendernotiz Bruckners: Zusatz »Br« bei dieser Woche [Dienst an der Hofkapelle] (*).

Die Ostdeutsche Rundschau Nr. 8 bringt auf S. 5f Erinnerungen August Göllerichs aus seinem Liszt-Tagebuch. Liszt habe Wiener Musiker, die von einem Leben Bruckners in Wohlergehen und Überfluß sprachen und seine rührende Bescheidenheit in Abrede stellten, als gefährlich-gefällig bezeichnet. Die Nähe zu Wagner habe Bruckners Karriere geschadet. Liszt habe Bruckner nach dem Adagio der 7. Symphonie in Karlsruhe [30.5.1885] voll anerkannt.
"Aus meinem Liszt-Tagebuche.
   Erinnerungen von August Göllerich.
        Am 17. Mai jährte sich der Tag, an welchem Franz Liszt zum letzten Male jenes Weimar betrat [...]
     Unser Gespräch kam auf Wien und manche seiner Musiker, die Liszt als "gefährlich=gefällige Menschen" bezeichnete, welche ihm unter Anderem von Anton Bruckner (dessen Genius Liszt bei Anhörung des Adagio's der siebenten Symphonie auf der Tonkünstler=Versammlung zu Karlsruhe voll erkannt hatte), zu hinterbringen wußten, der Wiener Meister lebe in Wohlergehen und Ueberfluß und seine so rührende Bescheidenheit "sei nicht so weit her". "Ich will" - schloß Liszt die diesbezügliche Betrachtung - "die Namen der hiebei Betheiligten vergessen; ich spreche mit ihnen (- er führte darunter einen "Berühmten" namentlich an - ) höchstens eine Viertelstunde und ohne Br....'sche Bescheidenheit gesagt, thut es mir leid, daß man für Sondershausen die damals bevorstehende Tonkünstler=Versammlung (die letzte, welcher Liszt beiwohnte), so viel von meinen Werken angesetzt hat. Ich wollte daß man "Christus" wegläßt und, wie ich gestern zu Riedel sagte, den Schwerpunkt auf Bruckner legt. Die Russen könnte man einmal ganz gut entbehren. [...] Ich ging näher auf die Hindernisse ein, welche Bruckner von dem Augenblicke an in den Weg gelegt wurden, als man in seinen Schöpfungen "Wagnerische Harmonien" mit Schrecken zu entdecken wußte. "Ja ja," erwiderte Liszt." es wird jetzt allgemein "wagnerisch" geschrieben, selbst in Paris, und wenn man heutzutage einen Quart=Sext=Accord anschlägt, heißt es gleich: "Ah, Wagner!" Wagner selbst war dies ewige "Erkanntwerden" ein Gräuel und er schimpfte über dasselbe ebenso wie gelegenetlich über die Wagner=Vereine, von denen er fand, daß sie alles Geld auf Feder, Tinte, Papier und Drucksorten brauchten. –
     [... Orgelspiel ... über einen Weimarer Komponisten und Organisten W.... und andere Begebenheiten ...]" (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189005255, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189005255
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11