zurück 19.12.1890, Freitag ID: 189012195

Die Linzer Zeitung berichtet, daß Paul Heyse am 10.12.1890 in München die 4. Symphonie gehört und an Bruckner ein Dankschreiben gerichtet hat:
     " * (Paul Heyse an Anton Bruckner.) Paul Heyse, welcher am vergangenen Mittwoch der Aufführung der IV. (romantischen) Symphonie von Anton Bruckner in München beiwohnte, hat an unseren Meister in Wien ein schmeichelhaftes Dankschreiben gerichtet, das mit folgenden Worten schließt: "Sie haben München neu erobert. Ihre Freunde werden dafür sorgen, daß diesem großen Siege noch viele neue nachfolgen. Nehmen Sie meinen innigsten Dank entgegen für einen Genuß, den ich zu den höchsten und unvergeßlichsten meines ganzen Lebens zähle. In wärmster Verehrung grüßt Sie Ihr Paul Heyse." (*).

Darüber schreibt auch Das Vaterland Nr. 346 auf S. 9f (= Beiblatt S. 2f), das zudem den Brief eines Musikfreundes (Hans L. J. K. Brahmanns) an die Redaktion [mit Bruckner-Bezug?] veröffentlicht:
     "Ein Ausländer über Anton Bruckner.
     Paul Heyse, welcher am vergangenen Mittwoch der Aufführung der vierten (romantischen) Symphonie von Anton Bruckner unter Leitung des Hofcapellmeisters Levi [sic] in München beiwohnte, hat an unseren Meister in Wien folgendes "Dankschreiben " gerichtet: "Verehrter Herr Bruckner! Als ich gestern unserem Freunde Levi mein Entzücken über Ihre vierte Symphonie aussprach [... kompletter Brieftext ...] Sie haben München neu erobert. Ihre Freunde werden dafür sorgen, daß diesem großen Siege noch viele neue nachfolgen. Nehmen Sie meinen innigsten Dank entgegen für einen Genuß, den ich zu den höchsten und unvergeßlichsten meines ganzen Lebens zähle. In wärmster Verehrung grüßt Sie Ihr Paul Heyse."
     Zu diesem Brief schreibt uns ein Musikfreund: Wir sind gewiß keine Freunde Paul Heyse's, aber wir freuen uns aufrichtig, daß selbst Männer, welche tief in der Clique sitzen, die den Kampf gegen die neuere musikalische Richtung mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln führt, aufrichtig genug sind, vor unserem genialen Bruckner sich zu beugen. Freilich geschieht dies nur im Auslande; hierzuland herrscht der alte Terrorismus lustig weiter. Der oberösterreichische Landtag hat allerdings sein Herz entdeckt und Anton Bruckner eine Ehrenpension bewilligt; daß aber dieser Act dadurch veranlaßt wurde, daß die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien den Lehrer des Contrapunctes und Orgelspieles am Wiener Conservatorium, Anton Bruckner über seine Bitte auf ein Jahr beurlaubte, jedoch gleichzeitig seine Bezüge für dieses Jahr einstellte, das ist wahrlich ein neuerlicher tieftrauriger Beweis dafür, daß die altersschwache Gesellschaft der Musikfreunde ihre wahre Mission gründlich vergessen hat, denn sonst müßte sie stolz darauf sein, daß es ihr gegönnt war, einem Tondichter von Gottes Gnaden den irdischen Weg zu ebnen. - München jubelt über Bruckner's vierte Symphonie, Wien kennt sie noch nicht! [sic] So ist der Gang der Dinge, der jeden Oesterreicher tief betrüben muß, zumal die Ursache dieser Erscheinung lediglich auf die unverschämten Wühlereien einer hinterlistigen und lichtscheuen Clique zurückzuführen ist, welche den kritischen Schwindel mit der österreichischen Kunst seit Jahren gewerbsmäßig und frech=terroristisch betreibt.
                    Hans L. J. K. Brahmanns." (**).

Im Illustrierten Wiener Extrablatt Nr. 340 wird mit einem Inserat auf S. 11 die Aufführung der 3. Symphonie am 21.12.1890 angekündigt:
"IV. Philharmonisches Concert
Sonntag, den 21. December 1890,
Mittags halb 1 Uhr
im grossen Musikvereins-Saale.
Programm:

[Beethoven ... Grädener ...]
Bruckner: Symphonie in D-moll, Nr. 3 (1. Aufführung in den Philharmonischen Concerten.)" (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189012195, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189012195
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11