zurück 1.11.1891 ID: 189111015

Kalendernotiz Bruckners: Zusatz »Br« bei dieser Woche [Dienst an der Hofkapelle], Dienstbeginn für den 31.10.1891 graphisch markiert. (*).

Die Grazer Tagespost Nr. 300 bringt auf der ersten Seite des 5. Bogens einen »Musikalischen Wunschzettel« für die neue Konzertsaison von Franz Petrich, der von Bruckners Werken das »Te deum« und die 4. Symphonie (die, wie die 7. Symphonie, schon in Graz aufgeführt wurde) anführt:
          "Musikalischer Wunschzettel.
     Nur noch kurze Zeit trennt uns von dem Beginne der Concert-Saison, welche in diesem Winter allem Anscheine nach sehr interessant zu werden verspricht. [... Aufführungsankündigungen ... Empfehlungen, z. B. Brahms-Requiem ...] Dafür aber sei dem Vereine schon jetzt das Studium des berühmten "Tedeum" des größten zeitgenössischen österreichischen Kirchencomponisten und Symphonikers "Anton Bruckner" dringend empfohlen, welches Werk keine große Zeitdauer beansprucht und bei seiner Aufführung zu Wien, sowie in diesem Jahre in Berlin, den größten Enthusiasmus erregte und die ehrendste Anerkennung der bedeutendsten Musikkenner erzielte. [... über Orchestermusik ... keine Klavierlieder in Symphoniekonzerten! auch keine Violin- und Klavier-Solovorträge, keine seichten Zugaben ... auch zeitgenössische Symphonien gewünscht ... Brahms erlange dabei eine Vorherrschaft ...] Anders steht es mit dem seinem berühmten Vorgänger mindestens ebenbürtigen Genossen und Meister im Reiche der Symphonie, Anton Bruckner, welcher meiner Ansicht nach an Feuer und hinreißendem Schwung, sowie an reicher, melodischer Erfindungsgabe Brahms überragt, während Letzterer ihm vielleicht in der strengen Logik des Aufbaues, sowie in der Einheitlichkeit der Form in einzelnen Sätzen überlegen ist. [... Bruckners Anhänger arbeiten für ihn ... Erfolge auch im Ausland ...] Graz hatte Gelegenheit, Bruckner's herrliche siebente Symphonie unter Dr. Muk's [sic] ausgezeichneter Leitung zu bewundern, und im verflossenen Jahre folgte die Aufführung der vierten "romantischen" Symphonie das großen Meisters, welche unter der Leitung des Professors Schalk aus Wien, eines begeisterten Schülers und Apostel Bruckner's, eine vorzügliche Wiedergabe erlebte und denselben tiefgehenden Eindruck auf die Zuhörer ausübte. Es wäre daher unter allen Umständen angezeigt, dieses Werk schon im kommenden Winter zu wiederholen, um das Publikum besser damit vertraut zu machen. Das Studium dieser Symphonie würde weder besondere Schwierigkeiten bereiten, noch viel Zeitverlust und Unkosten verursachen, da ja die dabei betheiligten Mitglieder im vorigen Jahr dieser Tondichtung ein eifriges Studium widmeten und die lebhafte Erinnerung an die Vortragsweise derselben bewahrt haben müssen. [... empfiehlt auch Grieg, Liszt, Smetana u. a., Vorspiele zu Wagner-Opern ... es sei dem Ausschuss und dem Dirigenten], Herrn Capellmeister Degner, überlassen, diesen wohlgemeinten Vorschlägen gelegentlich Beachtung zu schenken, soweit es die Verhältnisse und die eigene Uebereinstimmung damit gestatten sollten.      Franz Petrich. (**).

Das Linzer Volksblatt Nr. 251 meldet auf S. 2 die Aufführung der 4. Symphonie [am 28.11.1891]: " - Anton Bruckners vierte (romantische) Symphonie in Es wurde vor kurzem in Nürnberg unter großem Beifalle aufgeführt. Bruckner, wird, so heißt es in einer Kritik, der Musikgeschichte endgiltig als größter Symphoniker nach Beethoven und im eigentlichen Sinne Beethovens gelten müssen." (***).

(Im Konzert des Duisberg-Quartetts singt Frl. Lechky des "Gebet" von Hugo Wolf (°)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189111015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189111015
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11