Von der Aufführung der 4. Symphonie am 15.6.1892 berichten
das Neuigkeits-Weltblatt Nr. 139 auf S. 7:
"Die Musik- und Theater-Ausstellung in Wien.
Ausstellungstheater.
[...]
Der Siemens'sche Salon für telephonische Musik=Uebertragung.
[... vor kurzem fertiggestellt ... "bedeutende Stufe der Entwicklung" ...]
Konzerte in der Ausstellung.
Der "Akademische Wagner=Verein" in Wien veranstaltete Mittwoch Abends in der Musikhalle ein solennes Konzert, das wohl zu den schönsten der bisher in der Ausstellung gehörten Musikaufführungen gerechnet werden darf und das sich diesmal noch zu einer besonderen Ehrung für den hochverdienten heimischen Tonmeister Anton Bruckner gestaltete, dessen herrliche Es-dur-Symphonie, die sogenannte romantische Symphonie, vom Ausstellungs=Orchester unter der Leitung des ungemein feinfühligen Dirigenten Herrn Schalk in so vorzüglicher Weise zum Vortrage gebracht wurde, daß das sehr zahlreich erschienene Publikum in nicht endenwollenden stürmischen Beifall ausbrach und wir nur abermals dem Wunsche Ausdruck geben wollen, es möge den berufenen Faktoren gelingen, dieses vortreffliche Orchester dauernd für populäre symphonische Konzerte zu gewinnen.
Dem anwesenden Komponisten Dr. Bruckner wurden natürlich nach Schluß der Symphonie die rauschendsten Ovationen zu Theil; auch der Lorbeer fehlte nicht und unzählige Male mußte der Meiser den Dank der begeisterten Hörer quittiren. [... Hugo Wolf, Solisten Peterson und Astner [Asten?] ...] " [keine Signatur] (*)
und die Ostdeutsche Rundschau Nr. 25 auf S. 6 (**), signiert "J. St." [sicher: Josef Stolzing]:
"Musik=Aufführung des akademischen Richard Wagner=Vereines in der Tonhalle am 15. Juni.
Endlich einmal konnten wir uns wieder an einer Musikaufführung erfreuen, deren durchaus deutsches Programm eine sehr gute Aufführung fand. [... Wagner, Hugo Wolf (mit Vorbehalten) ...] Wolfs Begabung ist wohl zweifellos, doch wie gesagt, scheint sie an umfangreicheren Aufgaben zu scheitern.
Bruckner's wundervolle Es-dur-Symphonie, die romantische, fand ungeheuren Beifall, der geniale Schöpfer derselben wurde stürmisch bejubelt und erhielt zwei Lorbeerkränze. Lange genug hat Bruckner gerungen, wenigstens wird der Abend seines Lebens verklärt durch die Anerkennung seines Genies, die ihm länger als ein Menschenalter hindurch versagt blieb. Die Wiedergabe der Symphonie war eine gute, nur durch die etwas schwache Besetzung des Orchesters und die schlechte Akustik des Saales wurde die Wirkung derselben etwas beeinträchtigt.
[... kurz zu Liszt und Wagner ...] Das Ausstellungsorchester, der Chor des Vereines, die beiden Solisten, Frl. Margarethe Petersen und Herr Karl Astner, zeigten sich den schwierigen Aufgaben vollständig gewachsen. Herr Anton Schalk [sic] dirigirte vortrefflich. J. St." (**).
Zitierhinweis:
Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189206195, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189206195letzte Änderung: Jun 10, 2024, 9:09