zurück 22.1.1893, Sonntag ID: 189301225

Die Aufführung der 8. Symphonie [am 18.12.1892] wird in einem Artikel der Ostdeutschen Rundschau Nr. 4 auf S. 7 erwähnt (signiert "M." [vermutlich Max Morold]):
"                         Musik.
     Wem es noch nicht klar geworden, wie elend und erbärmlich es um das öffentliche Kunstleben unserer vielgerühmten ersten Musikstadt bestellt ist, dem empfehlen wir das Studium des Spielplanes unserer k. k. Hofoper oder einer statistischen Zusammenstellung der Concerte der jetzigen Saison. [... keine "Pflegestätte deutscher Kunst" mehr ... französischer oder italienischer "Schund" ... deutsche Werke gar nicht oder schlecht geboten ...] – Unser Concertleben bietet mit wenigen Ausnahmen kein anderes Bild. Zu diesen Ausnahmen gehören zwei der philharmonischen Concerte, von denen das erste Bruckner's großartige, in ihrer Größe und Erhabenheit überwältigende "Achte" brachte, ferner die Concerte des I. Wiener Volksquartetts und das in der Kühnheit des Unternehmens ganz einzig dastehende, nur mit Hilfe aller noch deutsche Kunst verehrenden Elemente zu Stand gebrachte Compositionsconcert Josef Reiter.
     [... "Tod und Verklärung" von Richard Strauss... Lob für das programmatische Gedicht dazu von Alexander Ritter ...] Wie ganz anders wirkte dieses poetische Programm, als das der Bruckner'schen "Achten" von Herrn Schalk beigefügte. Das erstere war ein wohlberechtigter Ausdruck der Empfindungen, die die Strauß'sche Programm=Musik im Zuhörer erregte; das zweite entsprang nur der Eitelkeit des Verfassers, der durch seinen Phrasenbombast die Welt von der Größe seines Schriftstellertalentes überzeugen will. Bruckner, der absolute, reine Musiker, verträgt kein Programm; das wird jeder Kenner und Verehrer des Meisters tiefinnerlichst empfinden.
     [... über ein Kammermusikkonzert (antisemitische Spitzen gegen M. Lassen), einen "internationalen" Klavierabend ("nur Ausländer und Juden") und das "deutschnationale Compositionsconcert Josef Reiter" ... Saal so voll wie selten, eher ein Fest als ein Konzert ...]
    [... über den Tod von Carl Hill ...] – Und so schwinden sie Alle dahin, die Zeugen großer Tage, die ersten idealen Mitarbeiter am Werk von Bayreuth! Unser Nachwuchs aber lebt und schwimmt im alten Opernschlendrian weiter. Man möchte oft glauben, daß der Meister nie gelebt habe.
                                         M." (*).

Nach der Werbung anlässlich der Musik-Ausstellung und der Weihnachtstage wird nun das Album mit dem Erstdruck des "Vexilla regis" ohne Bezug auf einen Anlass angepriesen, so mit einem Inserat in der Neuen Freien Presse Nr. 10207 auf S. 15 [hier ohne den Zeilenumbruch des Originals]:
"Das billigste, werthvollste und prächtigste Album moderner Musik ist das Wiener Meister-Album, Preis 90 kr. netto, enthaltend durchwegs auserlesene Compositionen für Clavier, sowie Gesang mit Clavierbegleitung von: Brahms, Bruckner, Brüll, [...] Zellner, Ziehrer. 71 Seiten stark. Pracht-Ausgabe. Künstlerische Ausstattung. Mit den Porträts sämmtlicher Meister! Provinz-Aufträge werden gegen Zusendung von fl. 1 franco expedirt. Verlag Jos. Weinberger, Wien, I., Kohlmarkt Nr. 8, Mezz." (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189301225, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189301225
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11