zurück 15.7.1895, Montag ID: 189507155

Die Linzer Montagspost Nr. 28 teilt auf S. 4 mit, daß der Kaiser Bruckner eine Wohnung im Belvedere zur Verfügung gestellt hat:
„             Tagesneuigkeiten.
                       
Linz, am 15. Juli 1895.
     Anton Bruckner hat durch die Aufmerksamkeit des Kaisers im Belvedere zu Wien eine Wohnung erhalten, welche es dem greisen Künstler ermöglicht, den Abend seines Lebens in Ruhe für seine großartigen Schöpfungen zu verwenden. Möge der liebenswürdige bescheidene Tonkünstler im Hause, das der kunstsinnige Prinz Eugen von Savoyen erbaut und bewohnt hat, noch lange Jahre zur Freude seiner zahlreichen Freunde und Verehrer schöpferisch thätig sein!“ (*).
 
Die Allgemeine Kunst-Chronik Nr. 14 berichtet auf S. 357 - 360 von der 1. Kunstausstellung in Venedig und erwähnt dabei auch Tilgners Bruckner-Büste [IKO 55]:
"                       Venetianischer Kunstbrief.
     Venetianischer Kunstbrief? Ist denn die alte Lagunenstadt über Nacht eine Kunststadt geworden? Vergeblich wird mancher in der feuchten Stadt des Canale Grande, des Marcusplatzes mit seinem Dogenpalaste und seiner farbenglänzenden Kirche nach einem trockenen Fleckchen Erde für einen Kunstausstellungsneubau  gesucht haben. Und doch hat der findige Kopf seines geistvollen Sindaco ein solches gefunden, ohne einen der schwärmerischen Canali auffüllen zu müssen. [... Giardini pubblici ... "I. Internationale Kunst-Ausstellung Venedigs" ... es wird dauern], bis Venedigs Ausstellungen, die sich nunmehr alle zwei Jahre wiederholen sollen, dem nahe kommen, was man von einer Internationalen Kunst-Ausstellung erwartet. [... nur zehn mittlere oder kleine Säle ... eher eine Kunst-Rekapitulation: neueste Kunst fehlt ... die verschiedenen Abteilungen ...]
     Der Vollständigkeit halber seien auch ein paar Worte über die Bildhauer gestattet, obwohl, wie gesagt, nur wenig wirklich monumentale Werke über das Niveau der Mittelmässigkeit sich erheben und viele den Besteller verraten. Das Beste, was die Ausstellung bietet, ist diesmal von einem deutschen Künstler geschickt worden, von Viktor Tilgner. Von seinen vier Marmorbüsten, von denen die eine das Porträt des Walzerkönigs Johann Strauss in markanten Zügen, das zweite dasjenige des Architekten Kaiser, ein drittes das von Anton Bruckner wiedergiebt, ist wirklich eines besser als das andere; zugleich spricht sich in jedem derselben eine künstlerische Individualität aus, wie sie bei den modernen Bildhauern nicht häufig zu finden ist. [...]
     [... Entwicklung des Kunstmarktes ...] Wenn dazu noch die gegenwärtige Reisesaison sich ebenso günstig gestaltet, wie der derselben, so wird von der kleinen Ausstellung nicht allzuviel mehr in die Ateliers zurückkehren, was wohl eine günstige Wirkung auf die in zwei Jahren bevorstehende Wiederholung der diesjährigen Ausstellung zur Folge haben wird.
                                                 Karl Moltan." (**).

(Austrittszeugnis des Konservatoriums für Emilie Weißgärber mit den Unterschriften von Bezecny, J. N. Fuchs und Ludwig Koch (***)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189507155, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189507155
letzte Änderung: Nov 27, 2023, 22:22