Artikel von Wilhelm Pailler »Die größte Orgel Oesterreich's« in der Linzer Tages-Post Nr. 246, S. 1f (gekürzte Version des Artikels vom 23./24.10.):
»Die größte Orgel Oesterreich's.
Der Chorherr des Stiftes St. Florian, Herr Wilhelm Pailler, schreibt im „Volksfreund” über das nunmehr glücklich beendete Orgel=Meisterwerk in St. Florian:
Vor fast genau hundert Jahren gab es gewaltig lange Gesichter im Stifte St. Florian [...] Probst Matthäus Gogl hatte nämlich den berühmten Abbate Franz X. Krismann berufen [... über die langwierige Entstehungsgeschichte der Orgel und die vielen aufeinanderfolgenden Orgelbauer ... Mauracher begann mit dem Neubau am 5.5.1873 ... über die neue Orgel]
Enthüllt wurde dieses Denkmal feierlich am 18. Oktober, am Vorabend des Namensfestes unseres Herrn Prälaten Ferdinand Moser. Zu allererst in's Feuer geführt ward die Vollendete von Professor Bruckner schon am 17. Nachmittags, wo derselbe bereits die Bach'sche Toccata et Fuga einübte, und wo sich die Mechanik schon gehörig bewähren konnte und bewährte.
[... Gäste: Abt von Göttweig, Prior Cölestin aus Kremsmünster, Dechant Arminger aus Steyr, Kapitulare aus Kremsmünster, Admont, Seitenstetten, Wilhering, Domkapellmeister Zappe, Bischof Rudigier ...]
Um halb 4 Uhr begann nach der kirchlichen Einweihung der Orgel die Produktion, und sinniger Weise sollten jene zwei Männer gleichsam ihre ideale Braut Gott und den Menschen vorführen, die von Jugend auf mit ihr vertraut, sie lieb gewonnen und lieb behalten hatten. Der k. k. Hoforganist und Professor Johannes [sic!] Bruckner, der berühmte Sieger im Nanziger Orgelkampf, verdankte ja die erste Weihe echter Tonkunst jener ehrwürdigen "Krismannin", deren Klängereichthum ihm zur wohlbenützten Schule ward, und der jetzige Stiftsorganist Herr Josef Seiberl, nicht minder schon dem alten Werke zugethan und es mit Meisterschaft bewältigend, verdiente wohl den herrlichen Lohn, nun als der erste dem neuerstandenen Tonkoloß all' seine Schönheit und Majestät abzulocken und fortan der unmittelbarste Herr und Meister von Mauracher's Schöpfung zu bleiben; - kein Wunder, daß diese beiden Künstler innige Freunde sind, wahrlich sie gehören zusammen, wie Phantasie und Gemüth.
[... über die Programmfolge ...] Es folgte nach einem Salve regina v. Suriano († 1620) die Toccata et Fuga, (wenn wir nicht irren in Dmoll) von Johann Sebastian Bach, mit siegreicher Ueberwältigung der enormen Schwierigkeiten glänzend gespielt vom Professor Bruckner. [... Hymne von Traumihler ...] Und nun wieder Orgelspiel: Freie Phantasie über zwei Themate aus Händels "Alleluja" von Professor Bruckner; einer solchen Phantasie dankte der Herr Hoforganist einst den Siegeslorbeer zu Nanzig, mehr brauchen wir nicht zu sagen. Schon klang aus den einleitenden Takten der "Phantasie" der Beginn des "Lobgesanges" rauschend an unser Ohr, und es ergoß sich nun der Wunderstrom dieser Mendelssohn'schen Cantate [... über den "Lobgesang" ...es] hallte wohl dieser Freudenton in allen Herzen wieder, besonders in dem des Meisters Mauracher und in den Seelen der Stiftsmitglieder, denen ja dieser Schatz nun auf immerdar zu eigen gehört.« (*).
(Vortragsabend am Wiener Konservatorium (**)).
Zitierhinweis:
Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 187510265, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-187510265letzte Änderung: Okt 14, 2024, 8:08