zurück nach dem 28.8.1883 [Ende August 1883, nicht nach dem 31.8.1883] ID: 188308286

Franz Schalk spricht mit Gutmann wegen des Drucks des Quintetts (*).

[möglicherweise noch am selben Tag] Brief Franz Schalks an Josef Schalk:
   Das Schreiben Josefs an Gutmann habe er Bruckner, der bereits abgereist sei [24.8.1883], nicht mehr zeigen können. Berichtet von seiner Unterredung mit Gutmann.
   "Lieber Bruder!
   Ich begebe mich sogleich nach der Stadt um Deine Aufträge auszuführen. Den Ton, Gutmannen gegenüber, finde ich viel zu höflich u. ich werde jedenfalls mündlich ihm deinen Standpunkt klar machen.
   Der letzte Passus deines Briefes an G. ist nicht anders zu verstehen, als daß du unter allen Umständen 100 fl. Honorar beanspruchst. Vielleicht hast Du aber nur sagen wollen, wie schon früher, dass er das Honorar zahlen muss, wenn der Druck abermals verzögert wird. Vorläufig halte ich mich an den Wortlaut.
   Hierüber erbitte ich schnellstens Aufklärung. Wenn sich G. nicht sehr gefügig geberdet u. ordentlichermaassen zum Kreuz kriecht, was dem Juden ganz wunderlich ["sonderlich"?] [an]stehen wird, so nehm' ich ihm das Quintett weg u. werde es Bruckner'n gegenüber zu verantworten wissen. Die schlimmste Consequenz dieses Vorgehens wäre eine Blamage meiner Person, woran mir dermal gar nichts liegen soll. Das weitere aus der Stadt.
   Prof. Bruckner ist bereits abgereist. Ich konnte ihm also nicht Dein Schreiben an G. vorlegen, u. zweifelte ob ich letzterem unter solchen Umständen Deinen Act versetzen sollte.
[Der folgende Teil des Briefes mit anderer Tinte, also später geschrieben (**a). Vermutlich gilt dies auch schon für den vorhergehenden Absatz "Professor Bruckner ..." (**b).]
   Kurze Überlegung, dass an dem Saujuden nichts gelegen sei, bestimmte mich hiezu. Waih geschrien! Gott über die Welt! Lebhafte Indignation. - Beleidigtsein. Bald begriff G., daß wir eigentlich in seinen Händen sind, und lässt sich nun nichts vorschreiben. - Ich setzte ihm scharf zu; das Resultat einer 1 stündigen Debatte war ein friedliches Auseinandergehen. Auf Deine Honorarforderung geht er nicht ein. Er meint mit Recht, dass ihm diese gleich gemacht hätte werden müssen. Ich riete [oder "rate"?] dir auch vorläufig davon abzugehen. Er will alles mögliche für das Werk, das ihn so sehr entzückt hätte, thun, bringt vor, dass wir ihn, der sich doch stets grosser Werke angenommen hat bei unserem Abend übergangen hätten. Ist überhaupt in gerührter Stimmung, da wir an seinen besten Absichten zu zweifeln scheinen, kurz ein erbärmliches Subject. Das Werk, auch den Klavierauszug könne er, da beides bereits im Druck sei, nicht mehr zurückgeben. Da er mir versprach, es werde zur besten Saison erscheinen, so hob ich die Belagerung auf, und wir schieden, uns gegenseitig hochachtend.
   Wenn Du es anders haben wolltest, so kann ich Dir nur zu bedenken geben, dass wir wirklich nichts mehr thun können u. das Quintett in Gottes Namen dem ehrlichen Mann überlassen müssen. Sei so gut, sage mir ob ich Dir's recht gemacht. Bruckner'n schreibe nach St. Florian. Alle grüßen Dich herzlichst,
   Franz
   Café Hoffelner.

[drei Anmerkungen am linken Rand:]
   Über die 50 fl des Landgrafen ist G. auch beruhigt, ob ihm gleich der Entgang derselben Schmerz macht.
   Zottmann hat über 50 fl. eingezahlt.
   Herrn von Goldschmidt meine besten Empfehlungen." (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188308286, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188308286
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11