zurück 4.4.1885, Samstag ID: 188504045

H. M. Schuster berichtet in der Allgemeinen Kunst-Chronik Nr. 14 auf S. 271 von der Aufführung der 7. Symphonie [10.3.1885] und zitiert aus einem Artikel Josef Schalks. Er erwähnt auch die Aufführung des Quintetts [am 8.1.1885].
                »Musikalisches.
    Ueber Bruckner's siebente Symphonie und ihre Aufführung in München schreibt uns noch Herr Professsor Schalk: Dank der verständnissvollen und begeisterten Ausführung durch das königliche Hof-Orchester und seines Leiters [sic!] gestaltete sich der Erfolg zu einem sensationellen, wie er nur etwa dem des Bruckner'schen Quintetts in der heurigen Aufführung bei Hellmesberger zu vergleichen ist. Auf allen Gesichtern lag die Freude sowol über den unvergleichlichen Kunstgenuss, wie über den Sieg, den hier der lange schmählich verkannte Meister symphonischer Kunst errang. Gelang es noch bis vor Kurzen [sic] dem Neid und der Indolenz, das Wirken dieses Mannes zu unterdrücken, der ohne Erfolge zu hohen Jahren gekommen: jetzt spricht die Bewunderung um so mächtiger. Nach jedem Satze wurde der Componist mit stürmischem Beifall gerufen und nach dem Finale wollte der Jubel nicht zu Ende kommen. Niemandem war, wie es anderwärts vorkommen soll, eingefallen, vor dem gänzlichen Schluss den Saal zu verlassen und die angespannteste Aufmerksamkeit begleitete das in wahrhaft gigantischen Dimensionen angelegte Werk bis zur letzten Note. Was den bereits damit vollständig Vertrauten, der die erhabene Ursprünglichkeit seiner Gedanken und die fabelhafte Kühnheit ihrer Entwicklungen längst erkannt, neuerlich immer wieder erstaunen lässt, ist der aus innerster Schöpferkraft hervorwuchernde Reichthum an contrapunktischen Bildungen. Mögen sie hier in schmetternden Posaunen, in tiefdunklen Cellogängen oder dort in blendenden Glanzlichtern der oberen Holzbläsertöne vernehmbar werden, überall finden wir thematische Gestaltung, und die Ueberfülle entzückt, indem sie zur Einheit wird. Oft flattert sogar ein kleiner Zipfel dieses Gewebes noch keck über eine geschlossene Periode hinaus, wie das siegreiche Banner unbändiger Schaffenslust und weckt [sic] im berauschenden Echo nach. Freilich kann nur ein solches intelligentes Orchester, das mit künstlerischem Ernst sein bestes Können für das Werk einsetzt, den höchsten Anforderungen des Componisten gerecht werden. Die gewaltigen Wirkungen der Tuben und Posaunen im Finale lassen sich nur mit der Schluss-Scene der "Götterdämmerung" vergleichen. Als aus dem dröhnenden Kampfe sich endlich siegreich das Hauptthema des ersten Satzes losrang, ging eine fühlbare Bewegung durch den Saal und diese sprach deutlicher als alle anderen Ovationen dem Meister die höchste Ruhmeskrone zu. [... über den Tod Franz Abts ...] Dr. H. M. Schuster


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188504045, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188504045
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11