zurück 10.2.1886, Mittwoch ID: 188602105

Die Musikalische Rundschau Nr. 15 meldet auf S. 173, daß Partitur und Klavierauszug des »Te deum« (Orgel ad libitum) im Verlag Th. Rättig erschienen sind (*).

Theodor Helms Artikel »Wiener Musikbriefe« im Pester Lloyd Nr. 41 bringt eine Kritik des »Te deum« [10.1.1886] und erwähnt die Aufführungen der 7. Symphonie in Leipzig [30.12.1884] und München [10.3.1885]:
»Feuilleton.
Wiener Musikbrief.

   [... ausführlichst über das Gastspiel des Tenors Emil Götze ...] Als die wichtigsten Wiener Konzert-Ereignisse seit Jahresanfang haben wir die erste Aufführung des Bruckner'schen Tedeum durch die Gesellschaft der Musikfreunde und der neuen (vierten) Symphonie von Brahms durch die Philharmoniker zu verzeichnen. [... über Bruckners Schicksal, verkannt zu werden ... Umschwung dank 7. Symphonie und Quintett ...] der wahrhaft großartige Eindruck des Tedeums selbst machte aus so manchem bisher das Schaffen Bruckner's heftig anfeindenden Saulus einen begeisterten Paulus. Ein durch seine entschiedene Gegnerschaft bekannter Wiener Konservatoriums-Professor sprach das geflügelte Wort: "Das ist der deutsche Berlioz, nur daß ihm auch musikalisch immer etwas einfällt." [... das »Te deum« habe nicht das Ausschweifende, Jähe und Bizarre der Instrumentalkompositionen ...] Des Komponisten reich gewährende, aber mitunter wild ausschweifende Phantasie bedarf eben eines festen Anhaltes, um sich nicht ins Regellose zu verlieren und dieser feste Anhalt wurde Bruckner diesmal als ein wahrer Segen von oben in dem Worte des Herrn! [...] eine tief ergreifende Interpretation des Mysteriums der Menschwerdung [...Beethoven-würdig ... in der Schlußfuge ein förmlich niederwerfender Schwung und Zug ... glückliche formale Gestaltung ...] Der Erfolg der Bruckner'schen Novität ist umso höher anzuschlagen, als er fast ausschließlich der Komposition, nicht der Aufführung verdankt wurde, welch' letztere in den Chören, noch mehr im Soloquartett sehr viel zu wünschen ließ und durch die überstark besetzte und unglücklich aufgestellte Blech-Harmonie häufig die interessantesten Gesangskombinationen in betäubendem Lärm untergehen machte.
   Einer wahren Muster=Aufführung erfreute sich dagegen Brahms' neue Symphonie (Nr. 4, E-moll) am 17. Jänner bei den Philharmonikern. [... Besprechung dieses Werkes ...]
Dr. Theodor Helm.« (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188602105, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188602105
letzte Änderung: Mär 07, 2023, 9:09