zurück 29.3.1886, Montag ID: 188603295

Kalendereintragung Bruckners (bei den Gebetsaufzeichnungen vom 31.3.1886): »29. März 886 Schluß I. Sem. Universität.« (*).

Kritik zur 7. Symphonie [21.3.1886] in der Wiener Sonn- und Montags-Zeitung Nr. 13 auf S. 3 [vermutlich von Woerz (Florestan)]:
                »Concerte.
    Als das weitaus interessanteste Ereigniß der Concertwoche muß die erste Aufführung von Anton Bruckner's E-dur-Symphonie im 7. philharmonischen Concerte bezeichnet werden. Wenn man weiß, mit welcher Spannung ein neues Werk Bruckner's in jenen Kreisen erwartet wird, welche sich für Musik überhaupt, und nicht blos für die Offenbarungen bestimmter Musikheiliger interessiren, so darf man jedenfalls darüber staunen, daß die Philharmoniker die neue Schöpfung unseres Landsmannes erst dann in ihren Schutz nahmen, nachdem sie eine Reise durch Deutschland zurückgelegt hatte [... über München und Hamburg ...] an ernst zu nehmenden Symphonikern herrscht ja dermalen, wie die Programme der philharmonischen Concerte nachweisen, bei uns kein Ueberfluß. Oder sollte vielleicht auch Bruckner nicht ernst zu nehmen sein? [...] Anton Bruckner aber gehört zu den erfindenden Geistern [... der Geist siege über formale Mängel ... frühere Symphonien zeigten Unausgeglichenheit ... die 7. Symphonie zeige deutliche Fortschritte ... prächtiger Scherzosatz ... im 1. Satz verliere der Hörer den Faden ...] An die Ariadne hat jedoch der Componist viel zu wenig gedacht. Die farbenprächtigen Details seiner Tonbilder ziehen eines nach dem anderen an uns vorüber wie die glänzenden Figuren eines Kaleidoskops, und nach fünf Minuten ist alles Frühere vergessen. Die Symphonie dauert aber beinahe fünf Viertelstunden. [...] der brüllende Beifall einer aufdringlichen Schaar intimer Hausfreunde [... erzeuge beim Publikum nur Argwohn. Bruckner solle sich auch die ständigen Vergleiche mit Beethoven verbitten, die das öffentliche Urteil verwirrten.] Genügt es denn nicht, daß ein Mann durch sich selbst etwas bedeute? und muß er denn, um als das zu gelten was er ist, den Beinamen eines Beethoven angehängt bekommen?
     [... kurzer Hinweis auf andere Konzerte ... Signatur auf S. 4:]
               Florestan.« (**).

Ein kurzer Konzertbericht, signiert "r. p.", erscheint in der Wiener Presse Nr. 13 auf S. 3:
     "(Concerte.) Der vorletzte Sonntag brachte uns das erste [sic] philharmonische Concert [... Mehul, Pianist Barth ...] Den Schluß des Concertes bildete die bereits viel besprochene Bruckner=Symphonie. Die ersten drei Sätze strafen die so oft gegen Bruckner erhobene Anklage, daß er die Form nicht beherrsche, energisch Lügen. Besonders das "Scherzo" ist von einer Rundung, daß der eingefleischteste Contrapunktiker nichts daran auszusetzen hätte. Auch der zweite - Andante - Satz ist von untadelhafter Gliederung. Nur das Finale leidet an einigen Unklarheiten und seltsamen Wendungen. Die Instrumentation ist äußerst polyphon und erhebt sich häufig zu machtvollen Effecten. [... über andere Konzerte ...]  r. p." (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188603295, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188603295
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11