zurück 18.6.1886, Freitag ID: 188606185

Kalendernotiz Bruckners: Zusatz »[P.] 13.« [Graf Pückler, 13. Lektion] beim Datum (*).

Besprechung der Konzerte beim Musikfest in Sondershausen (4. Symphonie am 4.6.1886, Quintett am 6.6.1886) in der Neuen Zeitschrift für Musik Nr. 25 auf S. 273 - 275, signiert »H. F.«:
»Die XXIII. Tonkünstler-Versammlung des Allg. Deutschen Musikvereins in Sondershausen.
                    
II. 
    Das dritte Concert (Freitag, 4. Juni, Abends im Hoftheater) war das längste (mit Einschluß der sehr ausgedehnten Pausen, die in dem das Hoftheater umgebenden erquicklichen Grün so recht zur Erfrischung des Publikums beitrugen, dauerte es vier und eine halbe Stunde), aber es war eins der schönsten, welches Referent gehört. Geboten wurden: 2 Symphoniesätze von A. Bruckner, [... die anderen Programmnummern ...] lauter Novitäten, zum Theil schwere, sehr nährgehaltreiche Kost; [...] Die Bruckner'schen Symphoniesätze zeichnen sich durch Reinheit und Frische der Empfindung, Klarheit und classische Gestaltung, sowie durch geschickte Instrumentation aus; das Scherzo enthält recht reizvolle Jagdmusik.
    Es ist sehr verdienstvoll vom Allgem. deutschen Musikverein, die jetzt schwebende, literarisch (auf Wagner'schen Aussprüchen beruhend) zuerst durch Hans von Wolzogen energisch angeregte, dann durch Arthur Nikisch in Leipzig praktisch in Angriff genommene (vortreffliche Aufführung der 7. Symphonie) Brucknerfrage seinerseits thunlichst zum Austrag zu bringen. 1885 führte er in Carlsruhe aus der eben erwähnten Symphonie das herrliche Adagio vor, in diesem Jahre den ersten und dritten Satz aus der 4., Esdur=Symphonie, sowie das später zu erwähnende große Streichquintett, welches den bedeutendsten Werken des großen, so spät entdeckten, begabten Wiener Tonsetzers beigezählt wird.
     [... über die anderen Programmnummern ...] Die treffliche Hofcapelle hat sich auch an diesem Abende durchweg wacker behauptet; sie verliert viel an ihrem ausgezeichneten Dirigenten. [...]
    Das nächste Kammermusik=Concert, Sonntag Vormittag 11 - 2 Uhr im Hotel Münch stand dem anderen etwas an äußerer Wirkung nach; der Beifall war nach den meisten Darbietungen schwächer als im dritten Concert. Gleichwohl bot es das unter den diesmaligen Kammermusikcompositionen bei weitem werthvollste Werk, Anton Bruckner's Fdur=Quintett für Streichinstrumente. Bekanntlich hat es in Wien in Hellmesberger's Wiedergabe sensationellen Erfolg errungen, eine Thatsache, die den Wienern um so mehr zur Ehre gereicht, als diese beschauliche, nach Innen gehende Schöpfung durchaus nicht den äußeren Beifall des Publikums herausfordert. Solche Werke wollen in gleich vorzüglicher, hingebungsvoller Ausführung, wie diesmal, des Oeftern gehört sein, wenn sie auch der Zuhörer innerliches Eigenthum werden und die verdiente Anerkennung finden sollen. Ein zweites, sehr langes Quintett in Ddur für Pianoforte und vier Streichinstrumente, Op. 21 von Anton Urspruch stand zu Anfang des Programms. Bruckner's Quintett ist als das reifere zu bezeichnen; beide Werke zeugen von gewandter, tüchtiger Feder und interessanter Faktur [... über das Werk Urspruchs und das mitwirkende Quartett (Halir, Freyberg, Nagel und Grützmacher) ...] Die letztgenannten vier Herren fanden bei Vorführung des difficilen Bruckner'schen Quintetts einen gleichwerthigen Genossen an Hrn. KM. Hager aus Weimar. [... über die weiteren Programmnummern ...]
[Signatur:]          H. F.« (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188606185, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188606185
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11