zurück 5.4.1887, Kardienstag ID: 188704055

Tagebuch-Eintragung Kloses:
»Um 10 1/2 Uhr Probe bei Bösendorfer. Bruckner will noch drei Proben. Zottmann und Schalk, besonders letzterer, der schon ganz krank ist, willigen nicht ein. Das Konzert soll dann nicht stattfinden [12.4.1887]. Endlich einigt man sich, indem man es abermals verlegt.« (*).

Besprechung der 7. Symphonie im »Pester Lloyd« Nr. 94 (signiert »m.s.«):
»Konzert der Philharmoniker. Das Ereigniß des heutigen Orchester=Konzertes, des letzten in dieser Saison, bildete die neue Symphonie von Anton Bruckner, einem Komponisten, der das Greisenalter erreichen mußte, ehe er von seinen Getreuen, oder vielmehr von den Wagnerianern auf den Schild erhoben wurde. Die E-dur=Symphonie, die siebente der Reihenfolge nach, aber die weitaus bedeutendste, die der Feder Bruckner's entstammt, ist nicht blos in Wien, sondern lange vorher noch in Deutschland, unter beträchtlichem Spektakel in Szene gegangen und des Widerspruchs war kein Ende an allen Orten, wo sie die Runde gemacht hat. [... widerspruchsvolles Werk, abschließendes Urteil nicht möglich, Riesenwerk mit großen Schwächen, aber hohem Streben und gewaltigem Ausdrucksvermögen ... Text teilweise bei 37/527 ...] Dieses Gefühl steigert sich zur ungeheuchelten Bewunderung, wenn wir einzelne Theile des Werkes von dem Ganzen losgelöst betrachten, [... Text wortgetreu bei 37/527f ... Außensätze formlos, aber Innensätze mit musikalischen Schönheiten], die zweifelsohne ihren Platz neben dem Bedeutendsten der modernen Produktion beanspruchen. [... Text wortgetreu, mit minimalen orthographischen Modernisierungen, bei 37/528 ...] Aber die maßlosen Längen und Wiederholungen des Finales sind bei der mehr als einstündigen Dauer der Symphonie, namentlich wenn die letztere die Schlußnummer des Konzertprogramms bildet, geradezu unerträglich. Gespielt wurde die Symphonie mit aller Hingebung, deren unsere Philharmoniker fähig sind und der Dirigent Alexander Erkel, der sich mannhaft für den vielverkannten und verketzerten Komponisten einsetzte, darf das Hauptverdienst an der trefflichen Wiedergabe für sich in Anspruch nehmen. [... über Stefan Stockers Violinkonzert und den Solisten Eugen Hubay, der auch virtuose Füllnummern spielte ...], aber gerade diesen Kleinigkeiten war es vorbehalten, die meiste Wirkung zu machen. Es ist nun einmal nicht anders in dieser sündigen Welt. Die Leute fragen nicht viel nach dem inneren Werth eines Musikstückes und nach der Umgebung, noch weniger nach dem Beruf und dem Charakter eines philharmonischen Konzerts und nur ein Pedant wird über Schicklichkeit rechten. "Erlaubt ist, was gefällt!" m. s.« (**).

(2. Außerordentliches Gesellschaftskonzert unter Hans Richter mit Bachs Matthäuspassion (***)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188704055, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188704055
letzte Änderung: Dez 17, 2024, 17:17