zurück 18.8.1887,Donnerstag ID: 188708185

Datierung in den Skizzen (Seite 4) zum 1. Satz der 9. Symphonie (*).

Der Alpen-Bote Nr. 66 meldet auf S. 3f, daß am 12.8.1887 Bruckner in St. Florian war, und erwähnt die [von Martin Einfalt] gespielte Fantasie über das Adagio der 7. Symphonie:
      »Verschiedenes.
(Orgel-Concert.) Aus St. Florian, 12. d., wird geschrieben: Heute spielte über Einladung mehrerer Kunstfreunde und in Gegenwart des Herrn Professors A. Bruckner aus Wien Herr Martin Einfalt, Musiklehrer am Pädagogium in Linz, auf der großen Orgel der Stiftskirche. Er wählte sich einen Satz aus dem Adagio der siebenten Simphonie [sic] Bruckner's als Motiv, worüber er eine halbe Stunde mit seltenem Talente phantasirte. Hierauf beglückwünschte Herr Professor Bruckner Herrn Einfalt aufs herzlichste und drückte seine besondere Freude aus über das verständnisvolle Spiel desselben.« (**).

Das Musikalische Wochenblatt Nr. 34 bespricht im "Kritischen Anhang." (S. 407 - 410) auf S. 409f das »Te deum«, dessen Klavierauszug bei Th. Rättig erschienen ist:
           »Neu erschienene Chorwerke.
                Besprochen von A. Naubert.
[...]
Anton Bruckner. "Te Deum" für Chor Soli und Orchester (Orgel ad lib.). Clavierauszug 4 M netto. Wien, Th. Rättig. 
    Man hat den begabten Tonsetzer, der, auch ein Zeichen der Zeit, erst im Alter als hervorragender Symphoniker "entdeckt" werden konnte, den Richard Wagner der Symphonie genannt; man könnte ihn vielleicht auch, dem vorliegenden Werke nach, den Richard Wagner der Kirchenmusik nennen. Die Bahnen, die der Componist hier einschlägt, sind denen seiner Vorgänger auf dem gleichen Gebiete durchaus abgewandt. Wenn auch der Geist des Glaubens überall hervorleuchtet, so ist doch seine Ausdrucksweise eine ganz andere, als die gewohnte und hergebrachte. Seine Erfindung, seine Arbeit, ja, auch sein Denken, ist anders, als wirs an kirchlicher Musik sonst zu sehen gewohnt sind. Nächst der Erfindung der Themen fällt am meisten ins Auge die contrapunctische Behandlung derselben. Wenn auch in Bezug auf das Erstere eine geringe Aehnlichkeit mit Wagner zu erkennen ist, so tritt in letzterer Hinsicht eine grössere Verwandtschaft zu Tage. Wenn der eingeführte Ausdruck "moderner Contrapunct" seine Berechtigung hat, so ist derselbe jedenfalls hier anzuwenden. Eine weitere Eigenschaft des vorliegenden Werkes ist die eigenartige Behandlung der Chor- wie der Solostimmen, durch welche an verschiedenen Stellen eine grossartige Wirkung hervorgebracht werden muss. Wenn der Leser beim letzten Satze: "In te, Domine speravi", der mit "Fuge" bezeichnet ist, etwas Anderes findet, als er nach dem Titel erwarten sollte, so ist das nicht zu verwundern - etwas Hergebrachtes und Conventionelles darf in diesem "Te Deum" überhaupt nicht gesucht werden. Die Orchesterbegleitung muss grossartig, manchmal vielleicht befremdend wirken, ebenso wie die unruhige Modulation; aber entziehen wird sich der Eigenart des Ganzen kaum ein Hörer können, wenn er auch mit der Anschauung des Componisten und seinem künstlerischen Glaubensbekenntnisse nicht einverstanden sein sollte. Aber warum sollte es zum Preise Gottes noch einer anderen, besonderen Sprache bedürfen, als der des subjectiven Empfindens?« [keine Signatur, auf S. 407 am Beginn der Rubrik "A. Naubert"] (***).

Bei der Festmesse zum Geburtstag von Kaiser Franz Joseph spielt Bruckner Orgel; u.a. wird sein Tantum ergo D-Dur (WAB 42) aufgeführt (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188708185, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188708185
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11