zurück 14.9.1887, Mittwoch ID: 188709145

Von Bruckners Orgelspiel am 12.9.1887 berichtet die Linzer Tagespost Nr. 209 auf S. 3:
    "Nachrichten aus Linz und Oberösterreich.
          Linz, 13. September 1887.
[...]
    " § Anton Bruckner. Der hervorragende Componist Anton Bruckner, welcher seit einigen Tagen in Linz weilt, spielte gestern abends um ½ 7 Uhr im neuen Dome die Orgel. Es hatte sich eine größere Anzahl von Kunstfreunden eingefunden, welche den Präludien des Meisters auf der Orgel mit wahrer Andacht lauschten. Um 7 Uhr war das improvisierte Orgelconcert zu Ende." (*)

und das Linzer Volksblatt Nr. 209 auf S. 3, das auch die Aufführung des »Te deum« am 29.9.1887 ankündigt:
»Tagesneuigkeiten aus Stadt und Land.
               Linz, 13. September 1887.
[...]
             Anton Bruckner.
     Gestern 3/4 7 Uhr abends, als die Gottesdienstandacht vorüber war, spielte der k. k. Hof=Organist und Professor Anton Bruckner auf der neuen mit 34 klingenden Registern versehenen Seitenorgel, nachdem der fromme Künstler an der Seite des Chordirigenten des Mariä Empfängnisdomes vorher sowohl vor dem Eintritte in die Votivkapelle als auch in der stillen Gruft des neuen Domes am Grabe des hochseligen Bischofes Franz Josef ein andächtiges Gebet verrichtet hatte. 
    Was und wie spielte Bruckner? Zuerst war es ein zartes Andante, welches Professor Bruckner mit unbeschreiblich schönen Nuancirungen und Mischungen zu Gehör brachte und wie ein duftendes Rosenbouquet der Jungfrau der Jungfrauen Maria weihevoll zu Füßen legte. Nach diesem Andante trat eine kleine Ruhepause ein. Während dieser wenigen stillen Momente sammelte sich Bruckner zu einer gewaltigen ? [sic!] und großartigen in der Ausführung. Bruckner begann nunmehr mit einem in größten Dimensionen angelegten Orgel=Thema in D-moll. Der weltberühmte Orgelvirtuose führte besagtes Thema in einer so eminenten Weise durch, daß alle Zuhörer aufs tiefste erschüttert, mit Gefühlen der höchsten Bewunderung der Majestät des Hauses Gottes erfüllt werden mußten. Die eine volle Viertelstunde in Anspruch nehmende herrliche, riesenhafte Durchführung des Thema [sic] beschloß Bruckner, nachdem er dasselbe nach allen kunstgerechten Regeln siegreich zu Ende geführt hatte, mit dem Schlusse in D-dur, wobei es schien, als wolle der Orgelvirtuose die unendliche Schönheit und Liebenswürdigkeit Gottes schildern und in Tönen die Glückseligkeit ausdrücken, welche die Frommen im Himmel in Gottes Anschauung genießen. Höchst rührend und erbaulich war es auch, den Meister Bruckner in unmittelbarer Nähe zu schauen. Wie ein von Gott begnadeter und von göttlichen Strahlen Verklärter saß Bruckner bei dem Orgeltische und entlockte mit seinen Fingern der Orgel Klänge und Harmonien, die nicht von der Erde stammen. Was diesem frommen Bilde eine noch größere Anziehungskraft verlieh, lag in dem Umstande, daß ringsherum um den Orgeltisch die kleinen Sängerknaben des neuen Domes als Einfassung sich gruppirt hatten, welche dem frommen Meister mit den gespanntesten Aufmerksamkeit und Bewunderung ins Antlitz sahen.
    Das große, Mark und Bein durchdringende und doch wieder die Seele stärkende, das Herz mit Andacht erfüllende Orgelpräludium war zu Ende. Nun wendete sich der Orgelvirtuose zum Erbauer der Orgel, Hrn. Johann Lachmayr und sprach zu ihm diese anerkennenden Worte: "Die Orgel ist gut; ich gratuliere Ihnen zu diesem Werke. Ich hatte mir ein so gutes Werk nicht erwartet. Es ist sehr schön." Ein solches Lob aus solchem Munde gereicht dem Erbauer zu größter Ehre. Ehe Bruckner das Musikchor verließ, beschenkte der weichherzige Künstler noch den Orgelaufzieher mit einer freundlichen Gabe! Begleitet vom Chordirigenten des neuen Domes, welcher Bruckner auch empfangen hatte, verließ Herr Professor Bruckner wieder den neuen Dom; es folgten ihm aber die reichsten Dankesbezeugungen und Segenswünsche nach, die ihm von vielen Anwesenden nebst Ausdrücken ihrer größten Bewunderung am Ausgange des neuen Domes, dargebracht wurden. Im Anhange zum Vorhergehenden wird mitgetheilt, daß Herr Hoforganist Bruckner seine dankbarste Freude darüber aussprach, daß mit Bewilligung des Hochwürdigsten Herrn Bischofes Ernest Maria am 29. September abends, beim Schlusse des 25jährigen Jubelfestes des neuen Domes, sein großes instrumentirtes "Te Deum" von der verehrten Liedertafel "Frohsinn" aufgeführt werden wird. Bruckner selbst sagte zu dem Berichterstatter: "Ich habe dieses "Te Deum" während der hl. Wandlung Gott allein in der Absicht geweiht, um die Herzen der Menschen zur Anbetung und Verherrlichung Gottes zu bewegen.«       [Signatur:] J. B.« [vermutlich: Johann Burgstaller] (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188709145, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188709145
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11