zurück 17.1.1888, Dienstag ID: 188801175

(*) Die Linzer Zeitung -
      »Linz, 16. Jänner. [...] * (Liedertafel "Frohsinn".) Das Programm des am Dienstag den 17. d. M. im städtischen Volksgartensalon stattfindenden Familienabends besteht aus folgenden Nummern: [...] b) [= 2. Abteilung] [...] 3. »"Mitternacht", Männerchor mit Soloquintett von A. Bruckner. [...]« - (*)

und ein Inserat in der Linzer Tages-Post Nr. 13 auf S. 4:
      "[...] 6. Mitternacht, Männerchor mit Soloquintett und Clavierbegleitung, von A. Bruckner." (**)

weisen auf das heutige Konzert hin.

Aufführung des Chores »Mitternacht« [WAB 80] durch den »Frohsinn« bei einem Familienabend im städtischen Volksgartensalon in Linz (***).
    Unter den Mitwirkenden sind H. Poscher, J. Helletzgruber, Th. Gartenauer, M. Brandl, J. Piber, F. Donaubauer, F. Schausberger, M. Brandl, O. Passy und die Musikkapelle des 14. Infanterie-Regiments Großherzog von Hessen (°).
    Das Soloquintett bei Bruckners Chor bilden die Herren Poscher, Rossi, Milbeck, Gartenauer und Piber (°a).

Datierung und Namenseintrag »Moser« in einer Violoncellostimme zur 4. Symphonie [sicher anläßlich einer Probe] (°°).

"Die Presse" Nr. 17 weist auf S. 12 auf das Konzert am 22.1.1888 hin:
"Repertoire der Productionen in den Musikvereinssälen. [...] Sonntag, Mittags halb 1 Uhr: Concert Bruckner, (Großer Saal) Abends 5 Uhr: Strauß=Concert (Großer Saal.)" (°°°).

Besprechung des Konzerts vom 15.1.1888 mit der 7. Symphonie im Prager Tagblatt Nr. 17 auf S. 7, signiert "C. T.":
     " * Das dritte philharmonische Concert fand Sonntag den 15. Januar Mittags im neuen Theater statt. [... über Annette Essipoff und Adolf Wallnöfer ...] Das Orchester unseres Landestheaters brachte unter der Leitung des Herrn Capellmneisters Muck die Ouvertüre zur Oper "Benvenuto Cellini" von Hektor Berlioz [...] und zum Schluße die Siebente Symphonie (E-dur) von Anton Bruckner. Es war immerhin angezeigt, das Prager musikalische Publicum mit einem Werke dieses Componisten bekannt zu machen, der nach jeder seiner Productionen einen Sturm von für und wider lautenden Debatten provocirt, wenn auch die Bekanntschaft keine so ganz angenehme genannt werden kann. Die Symphonien des Herrn Bruckner, den seine Freunde gern mit Beethoven zu vergleichen pflegen, werden jedenfalls mit den Werken der letzten Periode dieses Meisters das Schicksal theilen, vorläufig "unverstanden" zu zu [sic] bleiben, jedoch kaum mit dem Troste, daß sich heute über hundert Jahre im Urtheil der musikalischen Welt ein solcher Umschwung vollziogen haben dürfte, wie er dem Schöpfer der "Neunten" gegenüber platzgegriffen hat. Ein Nachahmer Beethoven's ist Bruckner jedenfalls, aber was bei dem großen Meister als die Kundgebung einer ganz eigenthümlichen, großartig angelegten Natur erscheint, die eben so sein muß, weil sie sich anders nicht äußern kann, das wird hier zur unverkennbaren, aufdringlichen Sucht, sich interessant um jeden Preis, sei es auch den aller musikalischen Schönheit, zu machen, indem die Bruckner'sche Symphonie uns durch ein Chaos der fremdartigsten, schreiendsten Harmonienfolgen, der haarsträubendsten Dissonanzen, irritirendsten Gewaltsamkeiten, ermüdensten Wiederholungen u. s. w. hindurchführt, daß das Alles uns schließlich geradezu nervös macht und den erlösenden Faden aus dem verworrenen Labyrinth doch nicht finden läßt. Wo ein wirklich schöner, bedeutender Gedanke des unstreitig hochbegabten, aber in seine Sonderbarkeiten verrannten Componisten vorkommt, wird er durch dessen excentrische, capriciöse Manier sofort wieder vernichtet, wie im zweitren langsamen Satze. Der genießbarste der vier ist das Scherzo, das auch den verhältnißmäßig meisten Anklang fand, während der erste mehr mit Verblüffung, als mit Behagen angehört wurde, und nach dem endlos langen zweiten eine allgemeine Flucht in allen Reihen die Zuhörerschaft decimirte. Herr Muck als Dirigent und das Orchester gaben sich alle Mühe mit der ebenso schwierigen wie undankbaren Aufgabe, die Symphonie zur Wirkung zu bringen.     C. T." (#).

 


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188801175, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188801175
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11