zurück 23.9.1888, Sonntag ID: 188809235

Überführung und vom Wiener Männergesangverein geleitete Wiederbestattung Schuberts auf dem Zentralfriedhof in Anwesenheit von Direktion und Lehrkörper des Gesellschaft der Musikfreunde (*) - Door, Epstein, Gänsbacher, Grün, Fischhof und Bruckner (*a) - und u.a. des Schubertbundes (**),
des Wiener Akademischen Gesangvereins
   (»Der Verein wurde vom Männergesangvereine eingeladen, an der Wiederbestattung des Liederfürsten Schubert sich zu betheiligen. Trotz der grossen Ferien rückte der Verein corporativ mit Fahne aus. Eine Deputation, bestehend aus Prof. Grädener und Vorstand Hofmann, gab dem verewigten Componisten das Geleite bis auf den Centralfriedhof«) (***)
und des Wiener Männergesangvereins:
    »23. September: Zeremonie auf dem Zentralfriedhof [...] Es harrten bereits die Trauergäste - [...] in Vertretung des Conservatoriums die Professoren Door, Epstein, Gänsbacher, Grün, Fischhof und Bruckner, [...]« (°).
Es waren auch auswärtige Gäste geladen:
    "Der Wiener Männergesangverein beehrt sich den Philharmonischen Verein in Temesvár zu der am Sonntag den 23. September 1888, 11 Uhr Vormittags, am Wiener Centralfriedhofe erfolgenden Wiederbestattung der irdischen Ueberreste FRANZ SCHUBERT's hiemit höflichst einzuladen. [...]" (°a).
Der »Frohsinn« legt einen Kranz auf das Grab (°°).

Kalendernotiz Bruckners: Zusatz »Br« bei dieser Woche [Dienst an der Hofkapelle] (°°°).

Die Neue Freie Presse Nr. 8650 berichtet auf S. 6 von der gestrigen Exhumirung Schuberts: "Die Wiederbestattung Schubert's. Wien, 22. September. Eine kleine Schaar von Verehrern Schubert's hatte sich heute Nachmittags auf dem Währinger Friedhofe eingefunden, um Zeuge der Exhumirung und Uebertragung der sterblichen Ueberreste des Meisters zu sein [...] Nikolaus Dumba, der Schubertsammler und Verehrer des Meisters, Dr. Olschbaur, Kremser und Hoffmann mit einer Anzahl von Mitgliedern des Männergesang=Vereins, Professor Bruckner, der Bruder des todten Meisters, Andreas Schubert, mit seinem Schwiegersohne, Magistrats=Director Bittmann und dessen Stellvertreter Krenn, die Gemeinderäthe Matzenauer, Dorfleuthner, v. Goldschmidt und Stiaßny, Magistratsrath Lekisch [...] Außerdem hatten sich von Seite der Anthropologischen Gesellschaft Professor Dr. Toldt, Ober=Stabsarzt Dr. Weißbach und Professor Langl eingefunden, von denen die beiden Ersten Messungen am Schädel Schubert's vorzunehmen, der Letztere zum Zwecke der photographischen Aufnahme der Schädeldecke erschienen waren. [... 16 Uhr Graböffnung, Zustand wie am 23.10.1863, Sargöffnung in der Friedhofskapelle, Zustand des Skeletts, alle Zähne bis auf einen Schneidezahn noch vorhanden, Besonderheiten des Schädels, Messungen (aber kein Gipsabguss des Schädelinneren), Messresultate ...]
     Gegen halb 6 Uhr wurde das Haupt wieder in den Sarg gelegt. In tiefer Bewegung umstanden die Anwesenden den Sarg, und es erregte allgemeine Rührung, als Professor Bruckner um die Erlaubniß bat, das Haupt des Meisters berühren zu dürfen, und dann in tiefer Erregung lange seine Hand auf die Stirne des todten Meisters legte. Er war der Letzte, der die sterblichen Reste Schubert's berührte. Der Sarg wurde geschlossen und in den neuen, von der Firma Beschorner beigestellten Sarkophag übertragen. [... Inschrift ... morgen Übertragung auf den Zentralfriedhof ... Kranzspenden ... geplanter Weg des Trauerzuges morgen ...] Franz Schubert's Geburtshaus in der Nußdorferstraße Nr. 51 und das Schubert=Monument im Stadtparke sind heute vom Wiener Männergesang=Vereine prachtvoll decorirt und mit Lorbeer geziert worden." (#).

Das Neue Wiener Tagblatt Nr. 264 nennt in seinem Bericht auf S. 3 weitere Anwesende:
      "Exhumirung Franz Schubert's.
     Franz Schubert's irdische Ueberreste, welche seit der am 13. Oktober 1863 erfolgten ersten Exhumirung auf dem alten Währinger Ortsfriedhofe ruhen, sind gestern zum zweitenmale aus dem Schoße der Erde geholt worden, um heute in feierlicher Weise nach dem Ehrengrabe auf dem Zentralfriedhofe übertragen zu werden. [... Kränze und Blumenspenden (darunter von Eduard Strauß und Johann Strauß) ... anwesend: Dumba, Andreas Schubert und Schwiegersohn Ingenieur Sigmund, Dorfleithner, weitere meist mit (#) identische Personen, Dr. Witlacil, Nikolaus Rieß, Dr. Benesch, Redakteur Feyerer, Dr. Friedländer u. a. ...], ferner die Komponisten Professor Bruckner und Richard Heuberger, [... Ludwig Koch, Florian Stelzig, Wilhelm Schrecker, einzelne Damen ... Ergebnisse der Skelett-Untersuchung ...]
     [...] Franz Schubert's Geburtshaus in der Nußdorferstraße Nr. 54 und das Schubert=Monument im Stadtpark sind gestern vom Wiener Männergesangverein prachtvoll dekorirt und mit Lorbeer geziert worden." (##).

Die Wiener Allgemeine Zeitung Nr. 3081 stellt auf S. 6 dem eigentlichen Bericht "Der Exhumirungsact." einen mit "r. h." signierten Beitrag "Franz Schubert" mit einem Gedicht von Bauernfeld voran. Inhaltlich unterscheidet sich der Bericht kaum von den oben angeführten (#) und (##). "Zu dem ernsten Acte der Exhumirung hatten sich nach 3 Uhr Nachmittags auf dem Friedhofe eingefunden: [...] ferner Professor Bruckner; [... genannt werden noch: Ruzicka (Bestattungsgesellschaft) ...] Franz Schubert's Geburtshaus in der Nußdorferstraße Nr. 54 und das Schubert=Monument im Stadtpark sind heute vom Wiener Männer=Gesangvereine prachtvoll decorirt und mit Lorbeer geziert worden." (###).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188809235, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188809235
letzte Änderung: Dez 17, 2024, 12:12