zurück 22.1.1889, Dienstag ID: 188901225

Auf Anregung von Karl Lorenz wird Bruckner bei der 2. Vollversammlung zum Ehrenmitglied des Wiener Akademischen Gesangvereins ernannt (*).
    »In derselben Versammlung [Jänner-Vollversammlung] wurde Professor Anton Bruckner einstimmig zum Ehrenmitgliede ernannt. Der so Gefeierte überbrachte [am 12.2.1889] persönlich seinen Dank hiefür dem Ausschusse und gab ausserdem seiner Freude in einem gemüthvollen Schreiben Ausdruck. Wenn es uns gelungen, diesem wackeren deutschen Manne eine Freude zu bereiten und ihm zu beweisen, wie sehr wir ihn hochschätzen und bewundern, so soll dies uns selbst zur freudvollen Ehre gereichen. Uns dünkte es eine Pflicht, diesem so hochbedeutenden Componisten, dessen Genie derzeit leider noch viel zu wenig gewürdigt ist, in unserer Weise den Zoll der Verehrung zu entrichten. Es trifft ja so manchmal zu, dass die Mitwelt ihre grossen Geister nicht nach Gebühr zu schätzen weiss; die Jugend aber, welche ihrer Zeit voraneilt, erkennt in Anton Bruckner einen Heros der Tonkunst, sie verehrt mit Recht in diesem durchaus originellen, mit dem gewaltigen Geister [sic] eines Genius und dem Gemüthe eines Kindes begabten Manne einen begeisterten und begeisternden Hohepriester der echtdeutschen Kunst. Möge er seine Kunst und uns noch lange Jahre erhalten bleiben.« (*a).
    »In Anerkennung seiner grossen Verdienste um die deutsche Kunst ernannte der Verein hierauf Herrn Professor Anton Bruckner zu seinem Ehrenmitgliede und entrichtete, sich selbst ehrend, dadurch gleichzeitig seine Dankesschuld für die treue Liebe, die der gottbegnadete Meister dem "Akademischen" stets entgegengebracht.« (*b).

    Das Diplom ist datiert »Jänner 1889« und unterzeichnet von Anton Rihs [Anton Riss], J. Hofmann und H. Grädener (**)
 
"Das Vaterland" Nr. 22 berichtet auf S. 6 vom Vereinsabend am 17.1.1889 [oder 16.1.1889?], auf den Text vom 20.1.1889 (dort datiert "17. d. M.") zurückgreifend:
     "[Deutscher Böhmerwaldbund.] Die am 16. d. M. von der Gruppe "Wien" veranstaltete Vereinsversammlung, welche mit einer Feier zu Ehren des verblichenen großen Contrapunctisten Simon Sechter, der vor hundert Jahren im Böhmerwalde das Licht der Welt erblickte, verbunden war, gestaltete sich zu einem recht würdigen und erhebenden Geste. Obmann Director Markus hielt die Festrede, worauf ein Offertorium das Meisters in künstlerischer Weise zur Aufführung gebracht wurde, das die Hörer in eine weihevolle Stimmung versetzte. Als Gast war auch Anton Bruckner, bekanntlich einer der hervorragendsten Schüler Sechter's erschienen, der mit stürmischem Applaus begrüßt wurde und für diese Auszeichnung gerührt dankte. Der bekannte Componist sprach nach einem vom Schriftführer des Bundes, Herrn Moriz Sechter, einem Neffen des gefeierten Tonkünstlers, ihm gebrachten Hoch, das neuerdings Anlaß zu einer großen Ovation  bot, in interessanter Weise über seine Lehrjahre bei dem großen Meister und entwarf so gleichsam ein lebendiges Bild des unvergeßlichen Musikers. Den ganzen Abend hindurch hielt die festliche Stimmung, welche sich aller Anwesenden bemächtigt hatte, an." (***).

(Vortragsübung am Wiener Konservatorium (°)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188901225, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188901225
letzte Änderung: Dez 05, 2024, 13:13