zurück 26.2.1889, Dienstag ID: 188902265

Die Aufführung der 7. Symphonie am 24.2.1889 wird

in der »Presse« Nr. 57 auf S. 11, signiert "-l" [Text folgt unten] (*)

und in der Konstitutionellen Vorstadtzeitung (Österreichische Volkszeitung) Nr. 57 auf S. 4, signiert »B-t.« [vermutlich Balduin Bricht] (**) besprochen [Text folgt unten]

(*) "Die Presse": (Concert des Richard Wagner=Vereins.) Das am Sonntage im großen Musikvereinssaal veranstaltete und von Hans Richter geleitete Concert des Wagner=Vereins erfreute sich des zahlreichsten Besuches und eines ganz abnormen Beifalls. [... wenn man von "Tannhäuser" absieht], so muß hinsichtlich der übrigen Nummern des Programms: Liszt, Marsch der heiligen drei Könige aus dem Weihnachts=Oratorium sowie der siebenten Bruckner'schen Symphonie, gesagt werden, daß sie diesen phänomenalen Beifall auch voll und ganz verdienen. Die musikalischen Schönheiten, die eigenartigen, harmonischen Gestaltungen dieser Werke, die uns auf neue unbetretene Wege im Gebiete der Musik führen, würdigt wol nur Derjenige ganz, der weder von "classischen" Vorurtheilen eingenommen, noch im Banne einer einseitigen Richtung stehend, unbefangen von dem Zauber und Reiz dieses herrlichen Gebildes der Tonkunst sich fesseln läßt. Zu allgemeiner Anerkennung werden sie wol noch eine Spanne Zeit brauchen. Aber nur eine Spanne.    -l." (*).

(**) Österreichische Volkszeitung: "Konzert des akademischen Wagner=Vereins. [...] Der darauf folgenden Aufführung von Brzuckner's VII. Symphonie in E-Dur saß wieder einmal der "Schalk" im Nacken. Herr Josef Schalk hat in üblicher Weise eine Einführung in diese Symphonie verfaßt, welche an metaphysischer Spitzfindigkeit und ambrosianischem Phrasenglanze nur schwer zu überbieten ist. Auf jeden Fall kontrastirt die gesunde persönliche Eigenart Bruckner's mit den ihm zugemutheten Phantastereien in auffälliger Weise. Das Urtheil der Unbefangenen über Bruckner dürfte übrigens allmälig zur Klärung kommen. Er ist ein viel zu bedeutender, viel zu erfindungsreicher und eigenthümlicher Musiker, als daß manche Kreise seinen Kompositionen gegenüber sich für die Dauer sollten die Ohren zuhalten dürfen; andererseits fehlt allen seinen Schöpfungen die künstlerisch geschlossene Entwicklung, die das urtheilszwingende Innere anhat [siehe Korrektur am 27.2.1889], so daß man auch das fanatische Wehegeschrei seiner Anhänger kaum begreifen kann, welche bei jedem neuen Werke Bruckner's aufgeregt in die Welt rufen:
          "Im Froschpfuhl all' das Volk verbannt,
           Das seinen Meister je verkannt."
Einen vollen Eindruck macht in der Symphonie nur das Scherzo mit den muthig emporfliegenden Jubelrufen der Hörner; aber auch die anderen Sätze enthalten genug Keime des Schönen, daß man das laut geäußerte Vergnügen der Zuhörerschaft wohl begreifen kann, wenn auch die zur Schau getragene Zügellosigkeit des Publikums nicht in ausschließlich künstlerischen Erwägungen ihren Grund haben mag. [...] B-t." (**).

Klose notiert in seinem Tagebuch, daß Bruckner bei »Gause« sich zum programmatischen Inhalt von Adagio und Finale der 7. Symphonie geäußert hat (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188902265, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188902265
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11