zurück 30.3.1890, Sonntag (Palmsonntag) ID: 189003305

Brief Bruckners an Theodor Helm:
    Er möge Bruckner [in Zeitungsartikeln] nicht erwähnen, da er, Bruckner, selbst schuld daran sei, daß die Philharmoniker nichts aufgeführt haben: Die 1. Symphonie habe er ihnen weggenommen, die 3. Symphonie sei noch nicht erschienen. Hans Richter habe auch nicht gewußt, daß die 6. Symphonie schon abgeschrieben sei. Josef Schalk sichere schon seit drei Monaten das rechtzeitige Erscheinen der 3. Symphonie zu (*).

Das Linzer Volksblatt Nr. 74 veröffentlicht auf S. 4 den am 27.3.1890 im "Vaterland" erschienen Artikel:
»Ein Opfer der Wiener Musik-Kritiker.
     Das Programm des letzten philharmonischen Concertes brachte vielen Kunstfreunden eine herbe Enttäüuschung: wieder fehlt der Name unseres Anton Bruckner in demselben und das Wiener Publicum steht abermals - wie schon mehrere Jahre hindurch - am Ende der Saison vor dem Räthsel, wie es möglich ist, daß die Philharmoniker mit einer Gemüthlichkeit sondergleichen den großen vaterländischen Tondichter von Jahr zu Jahr weiter ignorieren und dafür einen wahren Cultus mit ausländischen Componisten treiben. [...] Nach dem Tode Wagners und Liszts war es [für] die diesen Meistern feindliche Clique höchst unbequem, daß in Bruckner ein Mann in den Vordergrund trat, desen geniale Begabung in das Format des Simrock'schen Verlages sich nicht fügen ließ. [... Kalbeck anfangs wohlgesonnen, später siehe "Musikalische Wohl= und Uebelthäter" ... Hanslick: Bruckner "widerwärtig wie Wagner" ...] die Philharmoniker zittern vor Hanslicks Feder und das allein ist der Grund, daß Bruckner in den Programmen dieser Gesellschaft schnöde ignoriert wird. Dieses Mamelukenthum unseres ersten Concertinstitutes aber darf nicht ignoriert werden. [...] Aber Geduld! Auch unser vielgeschmähter und zurückgesetzter Bruckner wird zu Ehren kommen, wenn die Macht jenes feilen und dabei terroristischen Scribententhums gebrochen ist. [... Mörgenröte dämmert ... es wird] der Nachwelt ein erhebendes Beispiel sein für die beklagenswerten Erfolge einer nur von einseitiger Reclamesucht erfüllten, der großen Kunstidee aber verständnißlos gegenüberstehenden feilen Kritik.      "Vaterland." «
[siehe dazu auch 4.4.1890] (**).
 
Die Konzertbesprechung im Wiener Salonblatt Nr. 13 auf S. 9 kommt nicht ohne eine Erwähnung Bruckners aus:
     "Concerte.
Das siebente philharmonische Concert [... Liszts Dante-Symphonie hätte an den Anfang gehört ... über dieses Werk und den Parteienstreit ...] Und das hat mit ihrem Singen die Kritik gethan! Hätte die Presse Wagner, Liszt, Berlioz und Bruckner nicht durch Jahrzehnte so über alle Maßen angegriffen, jedes unnatürliche Machwerk Brahms' aber, und wäre es auch allerorten noch so gründlich durchgefallen, als "vom Himmel gefallen" oder gar als "Offenbarung" gepriesen, ständen sich die Gegensätze wenigstens in der Musik nicht so schroff und unerbittlich gegenüber, wie die heute thatsächlich der Fall ist. [... über weitere Konzerte ...]        de Joux." (***).

(8. Philharmonisches Konzert unter Hans Richter mit Werken von Cherubini, Berlioz (Romeo), Wagner (Karfreitagszauber aus »Parsifal«) und Beethoven (7. Sinfonie) (°)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189003305, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189003305
letzte Änderung: Mär 11, 2023, 12:12