zurück 6.2.1891, Freitag ID: 189102065

Besprechung der Aufführung der 3. Symphonie [am 25.1.1891], signiert »dr. h. p.« (Paumgartner), in der Wiener Abendpost Nr. 29, Beilage zur Wiener Zeitung, auf S. 1f:
               "Concerte.
    Herr Emil Sauer, [... Konzerte: Sauer, Wieniawski, Gustav Walter, Bertha Gutmann ...]
    Der Wiener akademische Wagner=Verein hat ein sehr interessantes Concert veranstaltet, in welchem die im vierten philharmonischen Concerte mit so großem Erfolge zur Aufführung gelangte Bruckner'sche D-moll-Symphonie wiederholt wurde. Das herrliche Werk machte bei dieser letzten Aufführung einen wo möglich noch größeren und mächtigeren Eindruck. Es schien übrigens auch, als ob unter Richters wundervoller Leitung die Bruckner'sche Symphonie noch schöner und vollendeter vom Orchester gespielt worden wäre. Eines ist sicher - die Bruckner'sche Symphonie gehört zu jenen Werken, die bei öfterem Hören den Genuß noch steigern. Der große Symphoniker war wieder Gegenstand begeistertster Huldigungen. Der Bruckner'schen Symphonie gingen das Vorspiel zu "Parsifal" und das Siegfried=Idyll voraus. Richard Wagner, der für Bruckner stets so warme Worte der Anerkennung hatte, nahm also diesmal Bruckner gleichsam unter den Arm und trat mit ihm gemeinsam vor die Zuhörer, ihnen in so edler, verklärter Art bedeutend, welch Künstler in seinem Geiste und Sinne als ein Lebender unter ihnen wirkt und schafft.
     [... über einen Klavier- und Liederabend ...]
                               dr. h. p." (*)

Artikel über Josef Schalks Begabung als Dirigent und Bruckners 4. Symphonie im Grazer Volksblatt Nr. 29 auf S. 5f, signiert "-sdl-":
          "Steiermärkischer Musik=Verein.
     Das letzte Musik=Vereins=Concert war eines der allerinteressantesten, welches im Laufe der letzten Jahre stattgefunden hat, interessant durch einen neuen Dirigenten, Herrn Professor Josef Schalk, interessant und hochbedeutend durch das classische Meisterwerk eines österreichischen Tondichters, dessen Bedeutung als Symphoniker heute noch weitaus nicht genügend gewürdigt wird, der aber nach unserer Meinung hart hinter Schubert, den [sic] eigentlich doch einzigen Erben der Beethoven'schen Symphonie, steht; es ist Anton Bruckner, der gefeierte Hof=Organist und Professor des Contrapunnktes in Wien, bekanntlich ein Oberösterreicher, geboren am 4. September 1824 zu Ansfelden. Acht Symphonien hat schon die Muse dieses genialen Mannes geschaffen; die letzte ist unserem erlauchten Monarchen gewidmet. [... 7. Symphonie unter Karl Muck ... die 4. Symphonie ist an innerem Wert überlegen ...]
     [... über die Besonderheiten und Einzelheiten der einzelnen Sätze ... der letzte Satz will] lieber gelesen, als gehört werden.
     Gespielt wurde die Symphonie vortrefflich. Jeder Acccord, jeder Klang=Effect fand das richtige Licht, jede Tonfigur bis zur letzten Motiv=Linie die getreueste Wiedergabe. Die ganze Aufführung war ein Meisterstück dessen, was ein Orchester zu leisten vermag. Freilich ist aber auch Herr Josef Schalk, Professor am Conservatorium und Dirigent des Wagner=Vereines in Wien, ein Dirigent von seltenster Begabung, der mit feinsinnigstem Verständnisse Feuer und Schwung und doch stets vollste Ruhe und vornehmste Haltung verbindet. [... ein Genuss ... eines Atems mit dem Orchester ... Siegfried-Idyll noch nie so gut gehört ...]
     [...] über einen neuen Saal (mit verdecktem Orchester) ... fürchtet eine zu enge Beziehung zwischen Musikverein und den Wagnerianern "wie der wahrhaft Fromme die Betschwestern" ... gegen Übertreibungen des Wagner-Vereins ...] - sdl -" (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189102065, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189102065
letzte Änderung: Mai 14, 2024, 8:08