zurück 14.11.1891, Samstag ID: 189111145

Brief des Akademischen Senats der Universität an Bruckner (Entwurf auf dem Dokument vom 9.10.1891):
"   Auf Grund des Senatsbeschlusses vom 13/11 91:

                      Dr Anton Bruckner
                                          (Titel)
    E. H. hatten die Freundlichkeit [... die als Dank für die Promotion zum Ehrendoktor in Aussicht gestellte Widmung einer Symphonie sei bei der [gestrigen] Senatssitzung zur Sprache gekommen und dankend angenommen worden. Unterschrift von Adolf Exner ...] entgegenzunehmen beschlossen hat.
            Wien 14/11 91
                Der Rector:
                             AExner" (*).
 
Reinschrift dieses Schreibens (*a).

Artikel über Bruckners Promotion
in der Innviertler Volkszeitung Nr. 46 auf S. 8:
     "Ansfelden. (Der jüngste Ehrendoctor.) Aus Wien wird unter dem 8. ds. M. über den hier geborenen Professor Anton Bruckner berichtet: Er geht bereits in das 68. Lebensjahr und ist frisch und lebendig und kindlich wie nur ein Zwanzigjähriger, aber er ist und bleibt vorläufig doch unser jüngster Ehrendoctor. Gestern vormittags nämlich fand auf der hiesigen Universität die Promovierung unseres Symphonikers Anton Bruckner, Lectors an der Universität, zum Ehrendoctor der Philosophie statt. Der academische Senat hatte beschlossen, dem genannten Musiker die Doctorswürde honoris causa zu verleihen und der Kaiser hat diesen Beschluß genehmigt.  [... erwähnt werden Exners Rede, Gesinnungswandel in der Beurteilung der Musik durch Akademiker, Rede des Promotors Hofrat Stefan, Bruckners Dank, biographische Angaben ...] Bruckner schrieb sechs [sic!] Symphonien, ehe er es erlebte, daß eine derselben zur Aufführung gelangte. Die neueste Zeit scheint aber vieles gut machen und unserem Künstler kräftige Revanche bieten zu wollen. In den Jahren 1890 und 1891 wurde sein dritte Symphonie in Wien, Prag, Salzburg, Köln und London, seine vierte Symphonie (die romantische) in München und Graz, sein Tedeum in Berlin zur Aufführung gebracht und überall wurden dem Componisten große Ehren bereitet." [keine Signatur] (**)

und in den Katholischen Blättern auf S. 3:
"Nachrichten aus Oberösterreich.
     * Ein Oberösterreichischer Ehrendoctor
Unser Landsmann, der berühmte Musiker Anton Bruckner, wurde von der Universität in Wien zum Ehrendoctor ernannt. Der Gefeierte hat diese seltene Auszeichnung voll und ganz verdient." (***).

Bruckner wird in einem Feuilleton von H. Puchstein im Deutschen Volksblatt Nr. 1027 auf S. 1ff erwähnt:
          "Der Beginn der Concert-Saison.
     Die noch vor wenigen Wochen so kümmerlich fließenden Nachrichten über die Ereignisse der bevorstehenden Concertzeit laufen jetzt in reicher Fülle ein. [... über die geplanten Solistenkonzerte ... bei der Wiener Veranstaltern wie üblich keine Begünstigung der neuen Richtung oder von Raritäten alter Meister ...] Wohl versprechen die Philharmoniker uns auch heuer wieder eine Symphonie Anton Bruckner's zu bringen, wohl soll im nächsten Gesellschaftsconcerte des Meisters "Tedeum" zur Aufführung gelangen, aber was will das gegenüber der Thatsache bedeuten, daß die Mehrzahl der Symphonien des von der gesammten jüngeren Generation mit Recht so bejubelten Musik=Titanen auch in Wien noch keine Aufführung erlebte, daß seine kirchlichen Werke in ihrer Geburtsstadt beinahe noch gänzlich ungekannt sind, daß der Name Liszt's diesmal in den Voranzeigen völlig fehlt und daß die Meisterwerke des Vielverkannten auch in diesem Jahre vergeblich des Siegfried harren, der den in den Partituren vergrabenen Gedanken des genialen Mannes zu einer sieghaften Auferstehung im Orchester verhilft. Unser herrliches Wien [... Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert ...] dessen Universität noch in den letzten Tagen einem Anton Bruckner den Doctorhut auf das greise Haupt setzen durfte, es wäre wahrlich berufen, an der Spitze der musikalischen Bewegung zu marschiren und der Welt die Bahnen zu weisen, die die Kunst einschlagen soll. [... stattdessen die "todtgeborenen Schöpfungen eines Brahms" oder verstaubte Werke alter Meister ... Veto gegen deren Bevorzugung auf Kosten der modernen Komponisten ...] daß diese Letzteren nicht selten ganz unaufgeführt bleiben, weil man vor lauter Wiedererweckungen für das Neue keinen Platz mehr behält. Anton Bruckner und Franz Liszt sind die traurigsten Beweise für die Berechtigung dieses Veto, das Publikum lechzt darnach, ihre Werke kennen zu lernen, es jubelt den leider so seltenen Aufführungen derselben begeistert zu, allein die Furcht der Dirigenten, die bei gewissen Kritikern so gehaßten Namen auf das Programm ihrer Concerte zu setzen, ist stärker als die Rücksicht auf die Wünsche des Publikums. Die Herren Capellmeister geizen eben nach einem Worte der Anerkennung aus dem Munde der reactionären Kritik, und das wird ihnen dann allerdings auch in reichem Maße zutheil, wenn sie dieser bei der Unterdrückung des reformirenden Neuen helfen. [... ausführlich über Händels "Alexanderfest" ... Gericke sei ein nüchterner, trockener Dirigentenbeamter ... Lob für Singverein ...], der Verein müßte sich unter einem anderen Dirigenten zu einer idealschönen Leistung emporschwingen.       Hans Puchstein." (°).
   In der Abendausgabe wird auf S. 3 die Aufführung des »Locus iste« am 15.11.1891 angekündigt:
           "Tagesneuigkeiten.
[...]
     * (Kirchenmusik am Sonntag, den 15. November.) [...] - Der Kirchenmusikverein St. Elisabeth bringt unter der Leitung seines artistischen Leiters, Carl Rouland, am 15. November d. J., in der landesfürstlichen Pfarrkirche zu St. Elisabeth auf der Wieden, zur Aufführung: St. Gregorius=Messe von Jos. Gruber, op. 30; Offertorium: "Laudate Dominum" von Ett; Graduale: "Locus iste" von Anton Bruckner." (°°).

Ähnliche Ankündigungen erscheinen auch in der Neuen Freien Presse Nr. 9777 auf S. 6 [inhaltlich ähnlich] (°°a),

im Neuen Wiener Tagblatt Nr. 313 auf S. 5 [inhaltlich identisch] (°°b)

und im "Vaterland" Nr. 313 auf S. 6 [inhaltlich identisch] (°°c).

Der Lemberger Courier Nr. 316 (Kuryer Lwowski) berichtet auf S. 4 von Bruckners Ernennung zum Ehrendoktor [am 7.11.1891] [teilweise Übersetzung des Artikels vom 8.11.1891 im Neuer Wiener Tagblatt ins Polnische]: "Honorowy dyplom doktora filizifii ["Ehrendoktor in Philosophie" ... am 9.11.1891 ... Exner, Biographie, Erfolge der 3. und 4. Symphonie 1890 und 1891 und des "Te deum" ...]" (°°°).

(In einem Konzert von C. Hynais werden drei Sätze eines Klaviertrios aus seiner Feder aufgeführt (#)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189111145, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189111145
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11