zurück 27.1.1892, Mittwoch ID: 189201275

Brief von Oberleithner an Robert Lienau:
   [vermutlich zum Druckbeginn der 8. Symphonie] (*).

Das Deutsche Volksblatt Nr. 1100 berichtet auf S. 3 - 6 vom zweiten Verhandlungstag gegen die Mädchenmörder Rosalia und Franz Schneider und erwähnt auf S. 4 einige Prozessbesucher:
"Das Raubmörderpaar Schneider.
           (Eigenbericht des "Deutschen Volksblattes".)
                    Zweiter Verhandlungstag.
     Das interessante Schauspiel der Entlarvung zweier nichtswürdiger Verbrecher, der rohesten und heimtückischesten Naturen vielleicht, die jemals vor den Richtern des Wiener Schwurgerichtshofes gestanden, nahm gestern seinen an dramatisch bewegten Scenen reichen Fortgang. [...]
                            *  *  *
     Wie der erste, war auch der zweite Verhandlungstag von einem sich aus allen Kreisen unserer Bevölkerung recrutirenden Publikum besucht, das den Vorgängen mit der aufmerksamsten Spannung folgte. So sahen wir unter Anderen Meister Anton Bruckner, die Hofopernsänger Horwitz und Schittenhelm nebst seiner anmuthigen Gemalin, den Componisten Adalbert v. Goldschmidt, Chormeister Kremser, die Maler Blaas und Schließmann, viele Officiere, eine große Menge von Damen unserer guten Gesellschaft, die bekanntesten Advocaten Wiens u. A. m.
     Wir berichten nun über den weiteren Verlauf der Verhandlung:
[...]
     Nach einigen unbedeutenden Verlesungen wird die Verhandlung auf zwei Stunden unterbrochen.
                          *  *  *
     Nach Wiedereröffnung der Verhandlung wird das Zeugenverhör fortgesetzt.
     [... Aussagen von Kindern ... Details zur Ermordung ...]
      Da sämmtliche vorgeladenen Zeugen bereits einvernommen waren, vertagt der Vorsitzende sodann die Verhandlung auf morgen, 9 Uhr Vormittag." (**).
 
"Die Presse" Nr. 27 bringt auf S. 11f ebenfalls das Gesprächsprotokoll des Verhandlungstages:
"               Aus dem Gerichtssaale.
          Der Raubmord=Proceß Schneider.
[...]
                                       Wien, 26. Jänner.
     Man hielt gestern, nach dem Schlusse der ersten Gerichtssitzung, den Inhalt des Processes für erschöpft. Aber die heutige Verhandlung hat unerwartete Zwischenfälle gebracht und zugleich mit diesen auch neue Aufregungen und neue Anlässe, den weiteren Verlauf des traurigen Processes mit Grauen zu verfolgen. [...]
     Der Zuhörerraum war heute während des ganzen Tages überfüllt, und man bemerkte im Publicum manche interessante Persönlichkeit: einige namhafte Componisten, wie Herrn Bruckner, hervorragende Criminalisten, wie Hofrath Dr. v. Pelser, auch Psychiater, unter Andern Dr. Hinterstoißer; Maler, Zeichner, wie Herrn Schließmann, u. s. w. [... Bericht über die gestrige Verhandlung ...]
     Der Präsident verkündet sodann die Vertagung der Verhandlung auf morgen 9 Uhr Früh." (***).
 
[vermutlich 27.1.1892 und nicht 3.2.1892]
Aufführung der Klavierfassung des Quintett-Adagios durch G. Schnabel in Wien [siehe die Anmerkung] (°).
 


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189201275, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189201275
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11