zurück 20.2.1892, Samstag ID: 189202205

Besprechung der 1. Symphonie und der Aufführung am 13.12.1891 durch Hans Puchstein im Deutschen Volksblatt Nr. 1124 auf S. 1 - 4:
»     Anton Bruckner's erste Symphonie.
(Anton Bruckner und Eduard Hanslick. – Bruckner's Symphonie. – Die Aufführung durch unsere Philharmoniker.)
     "In Linz kam kürzlich eine neue Symphonie (C-moll) von Anton Bruckner im großen Redoutensaale zur Aufführung und fand bei dem zahlreichen, sehr gewählten Publikum wie bei der Kritik, eine außerordentlich günstige Aufnahme. Der Componist, bekanntlich Dom=Organist in Linz und wohl der bedeutendste Orgelspieler in Oesterreich, dirigirte selbst und wurde wiederholt gerufen. Wenn die Nachricht von Bruckner's bevorstehender Anstellung am Wiener Conservatorium sich bestätigt, können wir dieser Lehranstalt nur gratuliren."
     Das die Worte, mit denen die "Neue Freie Presse" im Morgenblatte vom 19. Mai 1868 dem großen Publikum die glückliche Geburt der Erstlingssymphonie desselben Meisters anzeigte, den sie seit einer Reihe von Jahren mit einer Schärfe verfolgt, die völlig unverständlich wäre, wüßte man nicht, welcher Ausschreitungen der Haß der Reactionäre und Finsterlinge auf allen Gebieten menschlicher Thätigkeit dem reformatorischen Fortschritt gegenüber fähig ist. [... Hanslick als Autor dargestellt ... Zitate vom 11.4.1865 (d-Moll-Messe), 13.6.1869 (Frankreich), 29.6.1872 (f-Moll-Messe ... woher Hanslicks Gesinnungswandel komme? ...]
     [... über die 1. Symphonie, ihre Entstehung, die Linzer Jahre ... über den Vorwurf der Formlosigkeit – einmaliges Anhören genüge nicht ... Vorurteile der Hanslick-Partei ... über Bruckners Formgesetze ... die 1. Symphonie ein "Götterwerk" ... Betrachtung der vier Sätze ...]
     Eine bewundernswerthe Schöpfung eines genialen Meisters, das Product eines tiefgelehrten, mit allem Rüstzeug aller musikalischen Disciplinen ausgerüsteten Feuerkopfes, der Sangesfreudigkeit eines zum erstenmale seine Stimme erhebenden Sängers, steht die erste Symphonie Anton Bruckner's vor uns. [...] Möge die endlich zum Durchbruche gelangte Erkenntnis von dem Werthe der genialen Symphonie und der Bedeutung seines Schöpfers der Anlaß sein, allen ihren Nachfolgerinnen und den großartigen Kirchenschöpfungen des größten Meisters der Musik, den die Welt auf dem Gebiete der Symphonie seit Beethoven, ja, vielleicht seit aller Zeit besaß, endlich zu einer gleich glänzenden Auferstehung zu verhelfen.         Hans Puchstein


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189202205, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189202205
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11