zurück 15.2.1893, Mittwoch (Aschermittwoch) ID: 189302155

Die Musikalische Rundschau Nr. 4 bringt auf S. 32f den letzten Teil von Max Grafs Analyse der 8. Symphonie, der sich mit dem Finale befaßt:
Eine Analyse der achten Symphonie (C-moll) von Anton Bruckner.
                 Finale (C-moll).
     Das Finale überragt an Ausdehnung und Ideenfülle die übrigen Sätze der Symphonie. Ein einheitlches Gliederungsprincip liess sich in demselben auffinden, deshalb ist es hier nach äusseren Gesichtspunkten in Abschnitte getheilt, welche den Ueberblick über das Ganze erleichtern sollen.
     Das Finale beginnt mit Viertelschlägen auf fis der Streicher, über welchen die Bläser ein rauschendes Marschmotiv bringen, welches in Trompetenfanfaren ausklingt.
     (Langsamer.) Horn und Violine theilen sich in ein gesangliches Thema.
     Das Hauptmotiv des letzten Satzes in C-dur während Streicher, Fagott und Pauke (Bläser) dasselbe in den zerlegten Accordtönen in Vierteln umspielen. Es verklingt leise in den Hörnern und erschallt hierauf von einem kurzen Streicherzwischensatz unterbrochen in drei Flöten. Ihm folgt die Umkehrung des kurzen Streichersatzes, welches Motiv später grösserer Bedeutung gewinnt und endlich im Blech erschallt. Aus diesem Motiv und der Viertelstreicherfigur (vide 3) entwickelt sich ein neues Thema, welches gleichfalls im Laufe des Satzes eine grössere Rolle spielt; es erscheint in den Bässen und Fagott, während die Bläser auf dasselbe die Umkehrung stürzen. Nach einem kurzen Zwischensatze, in welchem eine Reihe neuer gesanglicher Themen auftritt, erscheint in vier Hörnern das Hauptmotiv von der Violine contrapunktisch figurirt, wobei nach Wiedereintritt der Schläge auf fis, welche nun auch in den Holzbläsern ertönen, das Hauptmotiv in seiner Originalgestalt erscheint.
     Das Thema erhebt sich in immer grösserer Steigerung zu dem jubelden Trompetenfanfaren-Abschluss. Der Mitteltheil des Hauptthemas gestaltet sich hier zum selbstständigen Motiv, welches im Rhythmus immer markanter auftritt und zu grosser Steigerung zuerst in der Umkehrung, dann in gänzlicher Veränderung anschwillt.
     7. [sic] Der folgende Abschnitt S. 114, T. 12 – S. 119 T. 1 bedeutet nach dieser Steigerung eine kleine Oede (wurde bei der Aufführung auch gestrichen). Aus der obenerwähnten Viertelbegleitung der Streicher (sieh oben) entspinnt sich ein kleines Fugato heraus über einem Paukenorgelpunkt (g), bis unter reicher Figuration der Flöte und Clarinette das Hauptthema des ersten Satzes (in Trompete, Tuba) einen neuen Abschnitt markirt. Es weist auf den schon einmal besprochenen kolossalen Schluss hin.
     Erst ein 28 Takte umfassender Orgelpunkt der Pauke, welchem sich Motivsplitter des ersten Satzes anhängen. Endlich behält der Ansatz des ersten Satzes das Uebergewicht und unter ihm erschallt der "Deusche [sic] Michel" (vide 1. Scherzo) vergrössert. Fanfaren, welche jetzt in allen Bläsern erschallen, führen zum Abschlusse, der über einem Paukenorgelpunkt (c) die Hauptmotive der vier Sätze übereinander thürmt.
     Das Schema dieses Titanenbaues ist:

[keine Signatur]".


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189302155, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189302155
letzte Änderung: Okt 06, 2023, 7:07