zurück nach dem 11.3.1893 ID: 189303116

Besprechungen des »Tafelliedes« [WAB 59] durch Theodor Helm in der Deutschen Zeitung:
     "(Akademischer Gesangverein.) Wenn ein schaffender Künstler  ein berühmter Mann geworden ist, spürt man schon aus biographischem Interesse selbst nach seinen bescheidensten Anfängen. Dies erklärt uns zur Genüge die Erstaufführung eines bereits 1843, also vor fünfzig Jahren (!) geschriebenen "Tafelliedes" unseres Bruckner im letzten Concert des Akademischen Gesangvereines. Mit einer Art Rührung lauschte man dem patriarchalisch-schlichten, aber doch wohlgelungenen Chorsatz des 19jährigen oberösterreichischen Schulgehilfen, der freilich damals noch keine Ahnung hatte, daß er einst einer der größten Meister der Symphonie, der Kirchenmusik werden würde. Uebrigens hätte man nach dem ruhig fortfließenden Charakter der Musik eher auf das frommempfundene Kyrie einer Landmesse schließen können, als auf ein flottes Tafellied, wie uns im Concerte der offenbar neuunterlegte Text glauben machen wollte. Sei dem wie immer, das "Tafellied" gefiel, es wurde sogar dessen letzte Strophe pietätvoll wiederholt. Neben dem jungen Bruckner wurde auch der jugendliche Herbeck (vertreten durch einen 1853 componierten frischen Chor "Der Handwerksbursch" mit gebührender Achtung aufgenommen; die beiden Tondichter standen sehr passend nebeneinander, war doch Herbeck der erste, welcher unter den Fachmusikern die phänomenale Begabung Bruckner's erkannte und auch seine Berufung nach Wien veranlaßte. [...] Ueberreich bedacht war das Concert mit Zwischennummern. Vorträge der blonden Geigerin Fräulein Mollner, des Baritonisten v. Bignio, endlich eines jungen Organisten, Herrn K. Oßke aus Innsbruck. - Gesungen wurde von den Akademikern unter Herrn Mader's Führung mit gewohnter Lust und Liebe." (*)
 
und [durch Puchstein?] im Deutschen Volksblatt [evtl. 14.3.1893? siehe "Anmerkung"]:
     "Nicht geringes Lob verdient das Concert des Akademischen Gesangvereines, dessen Vortragsordnung fast ausschließlich mit ersten Namen, wie: Schubert, Weber, Liszt, Bruckner, Brahms, Herbeck, Hegar, geschmückt erschien. [...] Bruckners "Tafellied", ein ernster, klangschöner Chor, der schon im Jahre 1843 in Kronstorf entstanden war und nun mit unterlegtem Texte von Ptak zur ersten Aufführung gelangte, wurde mit einer gewissen Weihe und großer Sorgfalt ausgeführt. Dr. Bruckner, der selbst zugegen war, erfreut sich von jeher großer Sympathie in akademischen Kreisen, die neuerlich dadurch zum Ausdruck kam, daß sein Chor zur Wiederholung begehrt wurde. Ein etwas rascheres Zeitmaß wäre der Tondichtung nach unserer Ansicht entschieden zu Statten gekommen. [...Stichwörter:  Herbeck, Mader, Mollner, Raff, Halirsch, Oßke, J. S. Bach, Rheinberger, L. v. Bignio, Bizet, Riedel, Pfeffer, Schubert, Hegar ...] Der "18. Psalm" von Liszt beendete das anregende Concert." (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189303116, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189303116
letzte Änderung: Mär 26, 2023, 9:09