zurück 7.6.1893, Mittwoch ID: 189306075

Besprechungen der 7. Symphonie
 
in der Leipziger Zeitung (signiert »P. A.«) (*)
 
und durch G. Schlemüller im Leipziger Tageblatt Nr. 287 (Abendausgabe) auf S. 4091 (= 3):
"                    Musik.
              Liszt=Verein.
     Leipzig, 7. Juni. Das fünfte Concert des Liszt=Vereins, das gestern wie gewöhnlich in der Alberthalle des Krystall=Palastes und vor recht zahlreicher Zuhörerschaft stattfand, wies in seinem Programm wiederum eine Anzahl äußerst zugkräftiger und interessanter Nummern auf, deren theilweise zu großer Umfang jedoch das Concert derartig verlängerte, daß es weit über die sonst übliche Zeit die Aufmerksamkeit des Publicums in Anspruch nahm, welches denn auch zum Theil gerade auf die Nummer Verzicht leistete, die als Abschluß Liszt's symphonische Dichtung "Tasso", Lamento e trionfo, brachte, das einzige große Werk des Meisters, das an dem gestrigen Abend zur Aufführung gelangte. Eingeleitet wurde das Concert durch die zum ersten Male [sic] gespielte Symphonie Nr. 7 (Edur) von Anton Bruckner, die den ersten Theil ausfüllte und das Interesse in hervorragendem Maße in Anspruch zu nehmen berechtigt ist. [... über das Werk (Vorzüge und Nachteile, Dauer über eine Stunde) ...]. Für die Vorführung der Symphonie, die von der durch das Philharmonische Orchester verstärkten Capelle des 134. Regiments unter der vorzüglichen Leitung des Herrn Capellmeisters Paur glatt und schwungvoll zu Gehör gebracht wurde, dürfen wir dem Liszt=Verein nur dankbar sein, er ist seinem Principe damit treu geblieben, hervorragende Werke neuerer Meister dem Publicum in guter Weise vorzuführen. Die Zuhörerschaft nahm das Werk beifällig auf und zeichnete Herrn Capellmeister Paur, dem am Schluß ein großer Lorbeerkranz überreicht wurde, nach allen Sätzen durch reichen Beifall aus. [... Liszt, Solobeiträge ...]. Zu den Lieder= und Violinbegleitungen diente ein Blüthner'scher Concertflügel von unbestreitbarer Klangschönheit.
                             G. Schlemüller."(**).
 
Das Linzer Volksblatt Nr. 128 macht auf S. 5 auf ein neues Bruckner-Portät [IKO 67] aufmerksam:
"                        Oelgemälde.
     Im Schaufenster des Herrn Ploy & Comp. in der Schmidthorstraße ist gegenwärtig ein von Herrn Anton Miksch in Oel gemaltes Porträt des in und außerhalb Oesterreichs rühmlichst bekannten Herrn Professors und Hoforganisten Anton Bruckner ausgestellt und machen wir das kunstsinnige Publicum auf diese ganz vorzügliche Arbeit des Herrn Malers Miksch hiemit aufmerksam. Gewiss wird jedermann sowohl über die geistige Auffassung als über die frappante Aehnlichkeit und fortgeschrittene Technik des Herrn Malers befriedigt sein.     W . . . . " (***).
 
Die Neue Zeitschrift für Musik Nr. 23 berichtet auf S. 265 - 267 über das Musikfest in Düsseldorf und kommt auf S. 266 auf das "Te deum" [am 21.5.1893] zu sprechen (signiert "J. A."):
"    Das 70. Niederrheinische Musik-Fest zu Düsseldorf 1893.
     Pfingsten! Musikfest! Das sind zwei Ereignisse, die sich bei uns, hier am Niederrhein, alljährlich gleichzeitig begeben und deren Identität für die Bewohner und Besucher der Städte Cöln, Aachen, Düsseldorf bei dem dreijährigen Turnus dieser Feste stets gar herrlich in Erscheinung tritt. [... Beschreibung der städtischen Tonhalle ("Kaisersaal" etwa so groß wie der Wiener Musikvereinssaal ... Lob für Julius Buths (Alleindirigent) ...]
     Die erste Festaufführung am Pfingstsonntag bot als Einleitung Anton Bruckner's nicht mehr unbekanntes Te Deum für Chor, Solostimmen und Orchester. Der Componist hat lange auf Anerkennung warten müssen. Wenn auch wir hier in Düsseldorf noch nichts weiter von ihm gehört haben als dies Werk, so kann man doch erkennen, daß der Schöpfer desselben seine Kunst des Tonsatzes als ein Meister ausübt, der mit der Beherrschung aller technischen und theoretischen Mittel, Phantasie und Kühnheit der Gestaltung verbindet. Das Te Deum mit seinen kraftvollen, mächtig wirkenden Chorparthien, seinen zarten Solostellen, der tief durchdachten Behandlung des Textes, ist namentlich in der letzten Hälfte und in dem glänzend fugirten Schlußsatze von großer und packender Wirkung. Der kritische Hörer mag die breitere, gleichmäßige Ausführung bei einzelnen Sätzen vermissen, der harmonischen Steigerung gegen das Ende hin wird er Bewunderung nicht versagen.
     Wenn man das Lamento über die Schicksale der Componisten und ihrer Werke gründlich wiederlegen [sic] will, so braucht man nur auf die monumentale Bedeutung desjenigen Meisters hinzuweisen, [... Händel ... Chor mit 556 Stimmen ... Vorzüge eines rheinischen Chores ...]
     Die Soli wurden, wie schon in Bruckner's Te Deum, von Frl. Leisinger, der hochkünstlerischen Sängerin aus Berlin, Frl. Huhn, der anmuthigen Altistin aus Köln und den Herren Birrenkoven und Messchaert gesungen. Alle 4 Solisten erfreuen sich eines so ausgedehnten Rufes, [... die Erwähnung allein als Garant für bestes Gelingen ... ]. – Die Wirkung des Orchesters und der Orgel, von Herrn J. W. Franke aus Köln gespielt, war von erschütternder Kraft und einer elementaren Gewalt, wie sie nur die einfache, aber desto schallreinere Instrumentation einer entschwundenen Zeit zu erzeugen vermag [Händel gemeint]. [... beim Duett kam Herr J. Staudigl dazu ...]
     [... Beethovens Fünfte mit Mammutbesetzung, Berlioz ... Lob für Chor und Orchester (Konzertmeister H. Heermann), mitwirkend: Charlotte Huhn (Nicodé), Leisinger, Rosa Sucher ("Siegfried") ... allen Dank] für die schönen, die genußvollen Stunden, die ihre Bemühungen uns bereitet!         J. A." (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189306075, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189306075
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11