zurück 28.6.1893, Mittwoch ID: 189306285

Ankündigung des heutigen Konzerts (mit dem Chor "Das deutsche Lied") in der Linzer Tages-Post Nr. 146 auf S. 4 (die Rubrik ist datiert "27. Juni"):
"     (Liedertafel "Frohsinn".) Der Familienabend der Liedertafel "Frohsinn" findet, wie bereits mitgeteilt, morgen Mittwoch den 28. d. M. bei günstiger Witterung im Volksgarten, bei ungünstiger Witterung im Volksgartensalon statt. Der Eintrittspreis für Nichtmitglieder beträgt 50 kr. per Person. Aus dem reichhaltigen Programme seien hervorgehoben: Die "Landsknechtlieder" von Floderer, die diesmal mit Orchesterbegleitung, welche sehr wirkungsvoll eingerichtet ist, gesungen werden, ferner die Novität "Der deutsche Gesang", Chor von Bruckner." (*).
 
Aufführung des Chores »Das deutsche Lied« [WAB 63] durch den »Frohsinn« bei einem Familienabend im Volksgarten in Linz (**).

    Mitwirkende: M. Edlbacher (Tenorsolo), Kapellmeister F. Rezek (Kapellmeister des Infanterie-Regiments Nr. 14), Floderer (als Chorleiter und Komponist), Arnleitner (Chorleiter) und J. Milbeck (Redner) (**a).

Besprechung der Leipziger Aufführung der 7. Symphonie am 6.6.1893 in der Neuen Zeitschrift für Musik Nr. 26 auf S.291, signiert »M. D.«:
"          Concertaufführungen in Leipzig.
     Fünftes und letztes Concert des Liszt-Verein, am 6. Juni in der Alberthalle. [... Kapelle des 134. Regimentes + Philharmonisches Orchester unter Paur ...] Als 1. Nummer des Programms folgte: "Symphonie Nr. 7 Edur" von A. Bruckner. Dieses Werk ist ein ganz eigenartiges, nicht frei von raffinirten Ausgesuchtheiten und großen Schwierigkeiten strotzendes Werk; dessen Ausführung die Capelle in ganz staunenerregender Weise zu Ende führte.
     Der Symphoniker Bruckner gehört zu den Sonderlingen; auf einsamer Höhe stehend, sich um die alten Traditionen nicht kümmernd, geht er seinen Weg allein und hält sich spröde zurück. Wenn es nun dieser Symphonie auch nicht an reichem und tiefem Gedankeninhalt mangelt, auch wahrhaft geniale Züge hervorblitzen, so fehlt ihr aber das beste, nämlich – die melodische Schönheit und Klarheit; was wird aus der Musik, wenn der Kern, die Melodie fehlt? – Was Colorit und Instrumentirung betrifft, so kann dieselbe nicht glänzender und effectvoller gedacht werden. Auch hat das Werk viel des Launenhaften, eine fast übertriebene Künstelei in der Modulation, Mangel an Klarheit, Natürlichkeit der Tonsprache. Freute man sich schon, wenn einmal ein melodischer Anlauf kam, so wurde es aber gleich wieder düster und weg war aller musikalischer Sonnenschein; und es ging wieder weiter in Dissonanzen, Seiten= und Querspringen und wunderlichen Phrasen.
     Das Allegro moderato (1. Satz) ist zu lang ausgesponnen, volle 20 Minuten nahm es in Anspruch [... pro und contra ...]. Am besten wirkte das darauffolgende Scherzo, welches des Reizvollen und Melodischen manches Gute bot. Das Adagio aber – bietet des Innigen, Seelenvollen herzlich wenig. Es enthält wohl eine schwungvolle Musik, ist aber keine das Herz in seinen innersten Tiefen treffende; "Es zieht nicht Blut" würde Meister Gluck sagen. – Oder sollen dafür etwa die interessanten Gegensätze, die oft glänzenden Passagen der Blechinstrumente entschädigen? – Obwohl es auch hier des Grellen und Absonderlichen genug giebt, wofür man höchstens durch den majestätischen, schwunghaften Anlauf entschädigt werden könnte.  – Großartig, virtuos war die Durchführung des ganzen Werkes und verdienen Dirigent und Orchester die höchste, vollste Anerkennung und war der ihnen dafür gespendete Beifallssturm ein wohlverdienter. Auch wurde Herrn Capellmeister Paur ein Lorbeerkranz überreicht. – [... die weiteren Programmnummern, zuletzt Liszts "Tasso" ...] Nur schade, daß die Hälfte des Publikums schon die Halle verlassen hatte, woran wohl die zu lange Ausdehnung des Concerts (es war 11 Uhr) Schuld trug.
                                          M. D." (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189306285, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189306285
letzte Änderung: Feb 15, 2023, 11:11