zurück 2.6.1895, Pfingstsonntag ID: 189506025

Bis heute konnte Bruckner seit dem 11.11.1894 [recte: 25.11.1894] seine Wohnung nicht verlassen (*).
 
[ab dem 2.6.1895 (oder auch schon Ostern?)] Gustav Mahler besucht Bruckner und trifft ihn "eben aus dem Bett aufgestanden, gebrechlich und hinfällig" an. Möglicherweise war Mahler von Hermann Behn, der eine Klavierbearbeitung der 7. Symphonie erstellt hatte, gebeten worden, Bruckner um die Genehmigung der Drucklegung zu bitten (**).
 
In einem Artikel der Arbeiter-Zeitung Nr. 15 auf S. 8, signiert "S." [Josef Scheu?] wird Bruckner erwähnt:
"      Die Gesellschaft der Musikfreunde hat Herrn Richard v. Perger, seit einigen Jahren Direktor des Konservatoriums in Rotterdam und der dortigen Konzerte, die Leitung der Gesellschaftskonzerte für die nächste Saison übertragen. Herr v. Perger hat früher in Wien als Komponist, Violoncellist, Musiklehrer und Musikschriftsteller gewirkt. Als Dirigent hatt er hier keine Gelegenheit, sich zu bethätigen, und was an Berichten über seine Dirigententhätigkeit in Rotterdam nach Oesterreich gelangte, entstammt seiner eigenen Feder. [... Unverständnis für das Engagement ...]. Noch dazu haben in Wien zwei Dirigenten, Josef Schalk im Akademischen Wagner=Verein und Ferdinand Löwe zuerst als Gastdirigent der Musik= und Theaterausstellung und dann erst jüngst im Volkskonzert des Volksbildungsvereines vorzügliche Proben eines ungewöhnlichen Dirigententalents abgelegt, und hat namentlich Löwe den Musikern des Ausstellungsorchesters durch die Mühelosigkeit und Sicherheit, mit der er die enomen Schwierigkeiten einer Bruckner'schen Symphonie bewältigte, sowie die Leichtigkeit und Klarheit, mit denen er seine Intentionen den Ausführenden vermittelte, die größte Hochachtung abgenöthigt. [... besser: mehrere Dirigenten in der nächsten Saison einladen und dann definitiv entscheiden ...] Oder ist die Gesellschaft so konservativ, daß ihr die liebevolle Hingabe Schalk's und Löwe's an die Werke eines Wagner, Berlioz, Liszt, Bruckner und anderer als musikalisch bemakeltes Vorleben erscheint? Fast scheint es, als wäre der von Ritter v: Perger eingenommene Standpunkt, den er schriftstellerisch als Hanslick leise nachtretender Schatten dokumentirte, und auf dem er sich gegen alles Neue, Nichtherkömmliche ablehnend verhielt, für seine Berufung ausschlaggebend gewesen. Dann freilich ist keine große Auswahl vorhanden, denn die bedeutendsten Leute unter den Dirigenten österreichischer Herkunft, wie Hans Richter, Felix Mottl, Felix Weingartner, Josef Sucher, Arthur Nikisch und viele andere, gehören alle der modernen Richtung, der sogenannten neudeutschen Schule an. Das will aber durchaus nicht sagen, daß sie einseitig sind. Im Gegentheil! [... befürchtet, dass die Konzerte mit Perger ...] nicht jenen Glanz und jene Bedeutung erlangen werden, in deren Anstrebung man sich zu einem Wechsel in der Person des artistischen Direktors entschloß.             S. " (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189506025, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189506025
letzte Änderung: Feb 16, 2024, 23:23