zurück 1.6.1895, Samstag ID: 189506015

Bericht von der Enthüllung der Gedenktafel in Ansfelden am 12.5.1895 in der Deutschen Kunst- und Musikzeitung 22 (1895) Nr. 11 auf S. 143, signiert "R.":
"           Correspondenzen.
     Linz. Enthüllung der Gedenktafel für Dr. Anton Bruckner in Ansfelden am 12. Mai 1895.
In würdigster Weise hat die LiedertafelFrohsinn" in Linz ihr goldenes Jubelfest mit einer, dem großen Tondichter Anton Bruckner dargebrachten Huldigung abgeschlossen. Von dem Schulhause des freundlich gelegenen Pfarrortes Ansfelden herab verkündet eine weiße Marmortafel, daß in diesem Hause am 4. September 1824 ein gottbegnadeter Meister im Reiche der Töne geboren, der ganz aus eigener Kraft vom einfachen Schulgehilfen zur heutigen Stellung sich emporgearbeitet hat und dem es noch vergönnt ist, zu sehen, daß seine Werke, wenn auch langsam, so doch stetig mehr Würdigung finden auch in jenen Kreisen, welche früher denselben ablehnend oder gleichgiltig gegenüberstanden. Die schöne Feier wurde mit einer, vom Secretär Herrn Kerschbaum gedichteten, und vom Chormeister Herrn W. Floderer componirten Hymne eingeleitet, worauf Herr Vorstand Wilbeck [sic] eine wiederholt von lautem Beifalle unterbrochene, den Entwicklungsgang Bruckner's trefflich schildernde Rede hielt. Die Liedertafel „Frohsinn" fühlte sich aus dem Grunde dazu berufen, diese Feier zu veranstalten, begann der Redner, da Bruckner seit dem Jahre 1855 enge mit dem Vereine verbunden, als Chormeister derselben höchst verdienstvoll gewirkt und als solcher den Verein bei dem Deutschen Sängerfeste in Nürnberg im Jahre 1861 zum glänzenden Siege führte. Nun erinnerte Wilbeck an Bruckner's erstes Wirken als Lehrer, seine Berufung an das Chorherrenstift St. Florian, von wo er im Jahre 1855 nach Linz übersiedelte, um die Dom=Organistenstelle zu übernehmen, nachdem er alle Mitbewerber im edlen Wettstreite durch sein herrliches Probespiel aus dem Felde geschlagen hatte. Bruckner blieb mehr als ein Decennium in Linz, legte innerhalb dieser Zeit (1861) eine Prüfung über Orgelspiel, Harmonielehre und Contrapunkt in Wien mit glänzendem Erfolge ab und feierte auch in Linz seinen ersten großen Triumph als Compositeur auf dem Gebiete der Kirchenmusik durch die Aufführung seiner ersten großen Messe (1864). Im darauffolgenden Jahre fand in Linz das oberösterreichisch=salzburgische Sängerbundesfest statt, bei welchem Preischöre zur Ausschreibung gebracht wurden. Bruckner trat auch mit in Concurrenz und errang mit dem prächtigen Chor „Germanenzug" den zweiten Preis. Im Jahre 1868 [sic] errang Bruckner bei den internationalen Wettbewerben im Orgelspiele in Nancy, Paris und London erste Preise und begründete damit seinen Weltruhm. In dieses Jahr fällt auch seine Berufung nach Wien an das Conservatorium als Professor für Harmonielehre und Contrapunkt, und seine Ernennung zum k. k. Hoforganisten. Seine weiteren Schicksale, sein anfangs vergebliches Ringen um gerechte Würdigung und Anerkennung seiner Werke einerseits, sowie die ihm im Laufe der Zeit zutheil gewordenen Auszeichnungen anderseits, sind allbekannt und können hier übergangen werden. Als Wilbeck seine Rede geschlossen hatte, fiel unter brausenden Hochrufen auf Bruckner die Hülle, und die sehr schön gearbeitete Gedenktafel zeigte in goldenen und schwarzen Lettern folgende Inschrift:„Ihrem Ehrenmitgliede Dr. Anton Bruckner, Ritter des Franz Josef-Ordens, k. k. Hoforganist, Lehrer an der k. k. Universität Wien, Ehrenbürger der Landeshauptstadt Linz, geboren in diesem Hause am 4. September 1824, widmet diese Gedenktafel die Liedertafel „Frohsinn“ in Linz. Mai 1895“. Als Schlußchor sang die Liedertafel „Frohsinn" die „Ehre Gottes" von Beethoven.          R." (*).
 
Darüber schreibt auch "Die Lyra" Nr. 17 (484) auf S. 4 (196):
"             Aus der musikalischen Welt.
     Franz von Suppee †.
[... Nachruf ...].
     Bruckner=Feier. Am 12. Mai fand in Ansfelden bei St. Florian in Oberösterreich die Enthüllung der von der Liedertafel "Frohsinn" an Anton Bruckner's Geburtshaus angebrachten Gedenktafel statt. Bruckner wirkte an seinem Geburtsorte lange Zeit als Schulgehilfe [sic]. Der Feier wohnte eine große Menschenmenge aus Linz und Umgebung an. Reichsrathsabgeordneter und Bürgermeister von Ansfelden, Plaß, begrüßte die Liedertafel „Frohsinn”, hierbei auch Bruckner's als Sohn des Ortes gedenkend. Vor dem Hause – es ist das Schulhaus – ertönte ein feierlicher Chor, worauf Stadtrath Milbeck, der Vorstand der Liedertafel, die Festrede hielt, nach welcher die Hülle fiel und brausende Hoch=Rufe auf Bruckner erschollen. Es sprach auch der Regenschori [Bernhard Deubler] im Namen des Stiftes St. Florian, Bürgermeister Plaß richtete Dankesworte an den "Frohsinn" und schloß mit Hoch=Rufen auf den Kaiser. Mit einem Choral und der von der Musik gespielten Volkshymne ward die erhebende Feier geschlossen." (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189506015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189506015
letzte Änderung: Aug 05, 2024, 7:07