zurück 20.1.1896, Montag ID: 189601205

Die Wiener Sonn- und Montags-Zeitung Nr. 3 bringt auf S. 2 eine Kritik zum Konzert vom 12.1.1896 mit dem »Te Deum«, signiert »H. W.« [= Woerz]:
"     Concerte. [Inhaltsübersicht] H. W  Vor acht Tagen war der Concertreferent dieses Blattes durch unerbittliche Verhältnisse zum Schweigen verurtheilt; [...].
     Nur des Gesellschaftsconcertes vom 12. d. M. müssen wir nachträglich noch mit einigen Worten gedenken, denn in demselben ließ Richard v. Perger den bisherigen zwei Aufführungen des Bruckner'schen Te Deum 1886 und 1891 die dritte folgen. Die Solisten, der Singverein, das Gesellschaftsorchester und der Dirigent sind gewiß nicht Schuld daran, wenn wir offen bekennen müssen, daß dieses sonderbare Stück Kirchenmusik uns noch nie so gründlich mißfallen hat wie diesmal; noch nie hat sich uns so entschieden wie diesmal die Ueberzeugung aufgedrängt, daß eine solche Zusammenstellung drastischer Effectmittel, ein solches Umhertaumeln zwischen abgrundtiefen Verschiedenheiten der Stimmung, ein so absichtliches Zertreten der unleugbar vorhandenen Schönheitskeime unmöglich der Ausfluß musikalischer Begeisterung sein könne. Ein Künstler braucht wahrlich, auch wenn er ein Te Deum schreibt, nicht gerade die Kirche, um sein Preislied auf den dreieinigen Gott ertönen zu lassen; aber man preist Gott ja doch nicht um des Chaos willen, sondern weil er aus demselben die Weltordnung geschaffen hat, deren herrlichste Blüte die Kunst – sein soll. Wer sich diesen Gedanken recht klar machen will, höre sich nach längerer Zeit wieder einmal das Bruckner'sche Te Deum ohne Voreingenommenheit an. – [... Brahms-Chöre wirkungsvoll ... Herbeck und Rameau/Mottl "wenig Eindruck" ... Tadel für Grädeners Amtsenthebung bei der Singakademie ...]."


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189601205, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189601205
letzte Änderung: Aug 02, 2023, 12:12