zurück 2.11.1896, Montag (Allerseelen) ID: 189611025

Aufführung des Requiems [WAB 39] unter Julius Böhm, dem Kapellmeister der Kirche am Hof, bei der Leo-Gesellschaft (*).
[Vielleicht ist die Bruckner-Plakette von Josef Tautenhayn [IKO 97] (**), die von der Leo-Gesellschaft 1897 (***) herausgegeben wurde, mit diesem Konzert in Zusammenhang zu bringen?].

Das Illustrirte Wiener Extrablatt Nr. 302 bringt auf seiner Titelseite einen »Todtenkranz«, in dem auch Bruckner abgebildet ist (IKO 188, vielleicht nach der Vorlage IKO 36):
„         Der Todtenkranz des „Extrablatt“. | II.  [… Abbildung von 12 Personen, darunter Bruckner … am Unterrand:] Die heutige Nummer ist 12 Seiten stark und enthält drei Bilder.“ (°).

Die Münchner Neuesten Nachrichten Nr. 510 berichten auf S. 3 vom Trauerkommers in Wien [am 28.10.1896], signiert "-t.":
"     -t. Trauerkommers. Im Konzertsaal des Etablissements Ronacher in Wien wurde am 30. Oktober vom "Akademischen Gesangverein" ein Trauerkommers zum Andenken an das kürzlich verstorbene Ehrenmitglied des Vereines, Professor Dr. Anton Bruckner, abgehalten, wozu sich die nationale Studentenschaft Wiens zahlreich eingefunden hatte. Viele Universitätsprofessoren und Vertreter von Gesangvereinen wie von Burschenschaften wohnten der Feier bei. Nachdem das "Gaudeamus" gesungen war, hielt ein Ehrenmitglied des Vereins, Herr Schaumann, die Gedenkrede, in der er ein Bild des Lebens und Schaffens des verstorbenen Tonkünstlers entwarf. Nach einem Trauersalamander brachte der Rektor der Wiener Universität, Professor Dr. Leo Reinisch, dem Andenken Bruckners ein "Fiducit", worauf das Bundeslied gesungen wurde." (°°).

Die Münchner Aufführung der 7. Symphonie am 1.11.1896 wird in der Allgemeinen Zeitung München Nr. 303 auf S. 1 besprochen, signiert „§**“ [die beiden Asteriske stehen im Original übereinander].:
"                    Feuilleton.
      §** Die Musikalische Akademie
führte in ihrem Concert außer Abonnement am Allerheiligen=Tage unter Leitung des Hrn. Hofcapellmeisters Franz Fischer die VII. Symphonie (E-dur) von Anton Bruckner und Vorspiel, Verwandlungsmusik und Schlußscene des I. Actes aus Rich. Wagners "Parsifal" auf. Bevor wir über das Concert weiter berichten, müssen wir eines Mißstandes erwähnen, dessen Abstellung aus sanitären Gründen dringend geboten ist. Es herrschte vor Beginn der Musik eine ganz unleidliche Zugluft im Saale, welche, durch die hintere Mittelthüre einströmend, sich bis über die Mitte das Saales erstreckte und namentlich die beiden Flanken des Mittelganges in geradezu beängstigender Weise bestrich und deren Insassen belästigte. Da dieser Zug sonst nicht oder wenigstens nicht in diesem Grade bemerkt wurde, wird es nicht schwer sein, den Grund desselben zu entdecken und zu beseitigen. Die Aufführung der Bruckner'schen Symphonie ist wohl zuvörderst als ein Act der Pietät gegen den kürzlich heimgegangenen Componisten zu betrachten, dem wir um so mehr beipflichten, als Bruckner gerade in dieserm Werk dem Ideal seines ernsten Strebens relativ am nächsten gekommen sein dürfte. Als die Symphonie hier (vor etwa drei Jahren) zum erstenmal aufgeführt wurde, haben wir das Adagio (Cis-moll), das jedenfalls der bedeutendste Satz des Werkes ist, an dieser Stelle als „eines Beethoven würdig“ bezeichnet [27.5.1893]. Das zweitmalige Anhören der Symphonie veranlaßt uns, diesen aus dem Gedächtniß reproducirten Ausspruch, etwas nüchterner geworden, zu commentiren. Wohl leuchtet aus Bruckners Cis-moll-Adagio ein seelisches Verständniß für Beethovens Adagio in der „Neunten“ hervor, und die naive Begeisterung für dieses göttliche Werk hat ihn gezwungen, auch äußerlich dessen Form im Wechsel der geraden und ungeraden Tactart nachzuahmen. Aber die Einheitlichkeit, welche Beethovens Adagio zum höchsten, mustergültigen Kunstwerk stempelt, ist bei Bruckner durch allzu große Sorge für äußere Wirkung, aber auch durch allzuviel Episodenhaftes getrübt, fast aufgehoben. An letzterem Uebel leidet noch mehr der erste Satz, dessen edles, kühn aufstrebendes Hauptthema viel verspricht, von den Episoden aber sofort verdrängt wird, so daß es beim Versprechen bleibt. In diesem wie im letzten Satze macht sich der Einfluß des Wagner’schen Stils, insbesondere des humoristischen à la „Meistersinger“, auf Kosten des symphonischen geltend. Das ist aber ein naiv mißverstandener Wagnerianismus: hätte Wagner die Symphonie cultivirt, so wäre er, wie die „Faust“=Ouverture schlagend beweist, symphonisch geblieben. Der classich=cyklischen Form schließt sich in Bruckners Symphonie am meisten das Scherzo an, doch können wir diesen Satz am wenigsten edel nennen. – Die Aufführung der "Parsifal"=Bruchstücke, welche wir als eine Wiederholung vom vorigen Jahre nicht weiter besprechen, wird jedem Einsichtigen den großen Unterschied von abgeklärtem Meisterthum und wirrem Epigonenthum klar gemacht haben. Der Saal war gedrängt voll, der Beifall nach der Symphonie groß, nach den "Parsifal"=Stücken ungeheuer." [keine Signatur] (°°°).


Ankündigung der 7. Symphonie für den 8.11.1896

in der Ostdeutschen Rundschau Nr. 302 auf S. 4:
"     Philharmonische Konzerte. Die Philharmoniker bringen in ihrem 1. Abonnementkonzerte Sonntag, den 8. November, Mittags halb 1 Uhr, im großen Musikvereinssaale folgende Werke zur Aufführung: [.... Beethoven, Volkmann (mit Reinhold Hummer) ...]; A. Bruckner: Symphonie in E-dur Nr. 7." (#a)

und in der Wiener Sonn- und Montags-Zeitung Nr. 44 auf S. 6:
"     (Die Philharmoniker) bringen in ihrem ersten Abonnementconcerte Sonntag den 8. November, Mittags halb 1 Uhr, im großen Musikvereinssaale folgende Werke zur Aufführung: [.... Beethoven, Volkmann (mit Reinhold Hummer) ...]; A. Bruckner: Symphonie in E-dur, Nr. 7." (#b).

Dieses Werk wird auch in der Programmvorschau im Sonn- und Feiertags-Courier Nr. 44 auf S. 2f erwähnt:
"     (Concertnachrichten.) [...]  – Die von den Mitgliedern des Hofopern=Orchesters unter der Leitung Hanns Richter's in der bevorstehenden Saison zu veranstaltenden Philharmonischen Concerte finden [... Termine ...] Mittags ½ 1 Uhr, im großen Musikvereinssaale statt. Zur Aufführung wurden folgende Werke bestimmt: Bach: [..., Beethoven, Berlioz, Borodine, Brahms, ...]; Bruckner, Symphonie Nr. 7., E-dur; Cherubini, [... bis Volkmann und Weber ...Kartenverkauf ...]." (##).

Die Wiener Neuesten Nachrichten Nr. 104 schildern auf S. 5 Bruckners Verhalten am 7.11.1891:
    – Anton Bruckner wurde bekanntlich unter dem Rectorate des Professors Dr. Adolf Exner zum Ehrendoctor der Wiener Hochschule ernannt. Nach Vollzug der feierlichen Handlung schickte sich der Meister an, dem akademischen Senat für die ihm zu Theil gewordene Ehre zu danken. Dieser Aufgabe entledigte sich nun Bruckner in einer rührend unbeholfenen Weise. Nach einigen einleitenden Worten verlor er in dem Maße den Faden der Dankesrede, daß er öfter zaudernd inne hielt. Durch einen eigenartigen Einfall half er sich schließlich aus der unangenehmen Lage heraus, indem er sagte: "So wie ich möchte, kann ich Ihnen nicht danken; wäre eine – Orgel hier, ich würde es Ihnen schon sagen." Das Wort des Meisters, in seiner stillen, naiven, bescheidenen Weise gesprochen, wurde nur von der nächsten Umgebung vernommen." (###).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189611025, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189611025
letzte Änderung: Nov 30, 2023, 9:09