Besprechung der Aufführung der 3. Symphonie [am 11.3.1913] im Meininger Tageblatt, signiert "-z-" [Adolf Menzel]:
„Letztes Abonnementskonzert der Herzoglichen Hofkapelle.
Meiningen, den 11. März 1913.
Zwischen zwei modernsten Meistern: Reger und Bruckner das Sonnenkind aus der klassischen Zeit: Mozart; zwischen machtvoller Pracht die liebliche Schlichtheit; zwischen tiefstem Ernst die naive Freude. So berührten sich im heutigen Konzert die Gegensätze und entfalteten durch ihr Widerspiel, durch ihr Bestehen nebeneinander das Wesen und die Vielgestaltigkeit der musikalischen Kunst. [... über Regers Werk und die Fragwürdigkeit von Vorbesprechungen ... kein „Prolog“ wird dargestellt, sondern die „Tragödie“ selbst ... Mozarts Violinkonzert mit Carl Wendling …].
Anton Bruckners dritte Symphonie, D=Moll, bildete den Schluß des Konzertes. Meines Wissens ist der Wiener Meister hier erst voriges Jahr mit einer seiner Symphonien zu Worte gekommen [4. Symphonie am 12.3.1912]. Wohl hatte schon Berger die Absicht, ihn einzuführen, aber er ließ den Plan aus nicht näher zu erörternden Gründen fallen. So blieb es Reger vorbehalten, und wir müssen ihm Dank dafür wissen, endlich auch bei uns diesem Großen im Reiche der Musik zur gebührenden Anerkennung verholfen zu haben, dem sie ein ganzes, langes Leben hindurch fast versagt blieb. [...] Für uns Meininger ist besonders interessant das Verhältnis Bruckners zu Brahms. Beide sind als Symphoniker Nachfolger und Fortsetzer Beethovens, aber jeder in so durchaus verschiedener Weise, daß sie nichts Gemeinsames haben. [... Beziehung zu Wagner, Bedeutung der religiösen Weltanschauung, Unterschied in der Lebensführung …]. Uns kann das jetzt nicht weiter berühren; wir werden den größten Gewinn daraus ziehen, wenn wir beide Meister liebevoll zu verstehen suchen.
Die D=moll=Symphonie ist Richard Wagner gewidmet [... über das Werk und seine mangelnde Bekanntheit …]. Das Werk fand eine großzügige Wiedergabe, der Beifall war aber nicht eben allzustark, was eben an der Fremdartigkeit der Erscheinung liegt. Den größten Eindruck hinterließ das Adagio, während dem so reizvollen Scherzo eine tiefe Stille folgte. Warum? Der Schluß wurde nicht als solcher empfunden und verstanden. – z –„ [Adolf Menzel].
Zitierhinweis:
Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 191303125, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-191303125letzte Änderung: Aug 05, 2024, 14:14