Die Fränkische Zeitung (Ansbach) berichtet von der Aufführung der 3. Symphonie [am 5.1.1914]:
„Der Konzertverein hat sein drittes Vereinsjahr mit einem Konzert der Meininger Hofkapelle unter Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Max Reger eröffnet und man kann wohl sagen, mit schönem, großem Erfolg eröffnet. Über 700 Zuhörer, darunter zahlreiche auswärtige Besucher, auch Freunde und Verehrer des Meisters aus Nürnberg, wo das Orchester tags zuvor konzertiert hatte, füllten den Saal und Galerie des Onoldiasaales, um das künstlerische Ereignis eines erstklassigen Orchesterkonzerts zu genießen. Das Interesse des Abends konzentrierte sich naturgemäß auf die Schöpfung Regers und auf die große Bruckner-Symphonie. [... über die Romantische Suite op. 125, ein „Prachtwerk echter Stimmungsmusik“ ... über Regers Entwicklung ...] das musikalische Genie in Reger bietet volle Gewähr, daß sich der junge und der neue Reger zu einer Harmonie vereinen, die uns noch die herrlichsten Schöpfungen erwarten läßt. Die Oberon-Ouverture [...]. Den Schluß des Abends bildete die 3. Bruckner-Symphonie in D-moll, ein gewaltiges Werk, dessen Verständnis ein tieferes Eingehen auf die eigenartige Stellung Bruckners in der Musikgeschichte verlangt, der das gewaltige Problem einer Nach-Wagnerschen Symphonie zu lösen hatte. Es war für die meisten Zuhörer musikalisches Neuland. Aber Reger und mit ihm Ferdinand Löwe bemühten sich, den vielfach noch unbekannten Meister dem deutschen Publikum näher zu bringen. Wenn zwei solche Dirigenten Fürsprecher sind, dann wird die Gefolgschaft nicht ausbleiben. Aber auch dem musikalisch nicht Eingeweihten konnten in der hiesigen Aufführung die zahlreichen musikalischen Schönheiten des Werkes nicht entgehen. Ich erinnere an das prachtvolle Adagio und an den pompösen Schlußsatz, der wie mir Reger erzählte, eine eigenartige Geschichte hat. Er verdankt seine Entstehung einem Spaziergang Bruckners in den Straßen Wiens, wobei ihm gleichzeitig die mächtigen Klänge eines Chorals mit den zierlichen Weisen einer Gavotte ans Ohr drangen.
Bruckner hat dies reizvolle musikalische Problem mit seiner ganzen Eigenart uns wiedergegeben, die thematische Vereinigung beider „Motive“ ist ihm aber vielleicht doch nicht ganz geglückt. Die Wiedergabe des Werkes, das enorme Anforderungen an Dirigenten und Orchester stellt, war glänzend; das Orchester war durchwegs vortrefflich und bis ins feinste Detail seinem großen Führer würdig. Das Publikum? Es hätte meiner Ansicht nach für die vollendete Wiedergabe der Symphonie dankbarer sein dürfen. Das Garderobefieber ist aber leider im hiesigen Konzertsaal noch nicht ganz verschwunden. Wollen wir das Beste für die Zukunft hoffen, denn es stört manche schöne Schlußstimmung.“ [keine Signatur]
Zitierhinweis:
Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 191401095, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-191401095letzte Änderung: Jan 26, 2025, 11:11