zurück 19.6.1872, Mittwoch ID: 187206195

In der Kritik der Morgenpost Nr. 166 auf S. 3 (signiert »e. sp.«) zur f-Moll-Messe werden Hellmesberger (Violine) und Krauß (Baß) als Solisten namentlich genannt:

    » * Professor Bruckner, der glückliche Gewinner der goldenen Medaille der vorjährigen Orgelkonzerte in London, der ausgezeichnete Kontrapunktist und Improvisator, hatte sich bisher mit Orchester=Kompositionen größeren Styles nicht an die Oeffentlichkeit gewagt. Vorgestern war die Augustinerkirche der Schauplatz seines ersten Wagnisses auch nach dieser Richtung. Er brachte seine D-moll-Messe [sic] - das Werk mehrerer Jahre - vor einem dichtgedrängten Publikum unter seiner eigenen Leitung, mit einem vorzüglichen Orchester, auf die Bretter - der Kirche. Jedermann mußte sich gestehen, daß hier ein nicht gewöhnliches Talent sich offenbare, daß Herr Bruckner mit einem Worte seiner Aufgabe vollkommen gewachsen sei. Die Messe selbst dürfte weniger einer Kirchen=Messe als einer Konzert=Messe entsprechen, [... über Bruckners Talent und stilistische Ähnlichkeiten mit Bach, Beethoven und Wagner...] Er erschöpft sein Thema wie ein tiefer Denker. Soli, Chor und Orchester greifen mit Glanz ineinander. Die Aufführung war eine imposante. Herr Hellmesberger als Violin=Solist und Herr Krauß, der das Baßsolo sang, brachten ihre Parte zur besten Wirkung; nicht minder der Chor, und das aus Mitgliedern der Hofopernkapelle zusammengesetzte Orchester. Eine erhöhte Wirkung müßte das Werk in einem Konzert=Saale üben; gewiß wäre es keine ganz undankbare Aufgabe, wenn der Dirigent der nächstjährigen Gesellschafts=Konzerte auch auf dieses Werk sein Augenmerk richten würde.       e. sp.«.
[vgl. den Kommentar zu diesem Artikel in der Wiener Kirchenzeitung vom 20.7.1872]


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 187206195, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-187206195
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11