zurück 28.10.1873, Dienstag ID: 187310285

Kritiken über die 2. Symphonie:

Hanslick in der »Neuen Freien Presse« Nr. 3298 auf S. 6 (*),

Speidel im »Fremdenblatt« Nr. 297 auf S. 5f (**),

Ambros in der »Wiener Zeitung, Wiener Abendpost« Nr. 249 auf S. 1989 (***)

und Gehring in der »Deutschen Zeitung« Nr. 657 auf S. 5 (°). [Texte weiter unten!]

Brief des ”Frohsinn” an Bruckner: Gratuliert zum Erfolg der 2. Symphonie (°°).

Besprechungen der Konzerts vom 26.10.1873 auch

in der Linzer Tagespost Nr. 249 auf S. 3 (°°°),

der Morgenpost Nr. 297 auf S. 3 [signiert »Dr. Br.«] (#),

der Österreichischen Volkszeitung [signiert "-r."] (##)

und im Neuen Wiener Blatt Nr. 210 auf S. 4 [vermutlich wie die Ankündigung vom 13.10.1873 von Theodor Helm] (###).

Textauszüge aus den Besprechungen:

(*) Neue Freie Presse:
»[Concert.] h. Sonntag Mittags gab Herr Anton Bruckner [...] ein Concert im großen Musikvereinssaale. [... unersättliche Rhetorik, zerfallende musivische Form ... enthusiastische Aufnahme ...] Das Orchester der »Philharmonischen Concerte« spielte diese ungewöhnlich schwierige Composition (unter persönlicher Leitung des Componisten) meisterhaft.« [nahezu identisch am 13.11.1873] (*).

(**) Fremdenblatt:
»(Konzert.) Das erste ernste Konzert, welches an der Spitze der musikalischen Saison steht, ist von Anton Bruckner gegeben worden [...] Jedenfalls tritt uns aus dieser Symphonie eine musikalische Persönlichkeit entgegen, welcher die zahlreichen Gegner, die sie gefunden, nicht würdig sind, die Schuhriemen aufzulösen. Er kann lächeln über seine Widersacher, denn an Wissen und Können stehen sie unendlich weit unter ihm.
sp.« (**).

(***) Wiener Abendpost:
           »Musik.
Beginn der Concertsaison, Professor Anton Bruckners Concert. 
     Wenn es "vor Georgi" donnert und die Frösche vor Georgi zu quaken anfangen, so bedeutet das nach dem Volksglauben einen heißen Sommer. Die Concertsaison hat diesmal schon "vor Allerheiligen" angefangen und so dürfen wir vielleicht einen musikalisch-heißen Winter erwarten [... ausführliche Besprechung ...] Unsere modernste Musik leidet an Maßlosigkeit. Und diese wird am Ende der Tod der hypersthenisch gewordenen Kunst sein. Wie sich die Sachen anlassen, scheint es, daß wir nicht am Anfang einer glorreichen neuen Musikepoche stehen, sondern beim Ende aller Musik angelangt sind.
           A.« (***).

(°) Deutsche Zeitung:
»(Concert Bruckner.) Zur Schlußfeier der Wiener Weltausstellung« hat gestern der Hof=Organist Bruckner ein Concert veranstaltet. [... Temposchwankungen bei Bach ... Improvisation besser als jene vom 15.11.1872 ... »Die Symphonie ist nicht so formlos wie jene Messe [f-Moll-Messe] letzten Winter [recte 16.6.1872] in der Augustinerkirche« ...] Die Symphonie dauerte über eine Stunde und wurde von den Philharmonikern vortrefflich gespielt, doch nahm Herr Bruckner für sich allein den Beifall in Anspruch; er hätte am Abend vorher Herrn Johann Strauß sehen sollen, wie derselbe nach dem Walzer "Bei uns z'Haus", der in seiner Art entschieden mehr bedeutet als die Symphonie des Herrn Bruckner, auf Spieler und Sänger wies und gewissermaßen wie ein "guter Leiter" den gebührenden Beifallsantheil an die richtige Adresse zu senden wußte.
F. G.« (°).

(°°°) Linzer Tagespost:
» § Anton Bruckner. Aus Wien wird uns unter dem Gestrigen berichtet: Heute fand ein großes Konzert des Hoforganisten Anton Bruckner mit glänzendstem Erfolge statt. Ueber seine großartigen Tonschöpfungen erdröhnte der lebhafteste, nicht enden wollende Applaus, wie noch nie, durch den Saal. Hiedurch ist unserem Landsmanne auch der europäische Ruf und Ruhm als Kompositeur gesichert.« (°°°).

(#) Morgenpost:
» * Konzert Anton Bruckner. Es ist mindestens originell, die Saison mit einer Schlußfeier zu eröffnen, wie es der Hoforganist Herr Bruckner vorgestern um die Mittagsstunde im großen Musikvereinssaale gethan. [... trefflich registriert ... Meister auf seinem Instrument ... Bach-Kenner ... Vorbehalte zur Symphonie ... Nachahmer von Liszt ...] Der erste Satz der viersätzigen Sinfonie, wie auch theilweise das Finale, machen durch die zu häufige Anwendung der Generalpausen den Eindruck der Unentschiedenheit. Viel konziser sind die beiden Mittelsätze, ein stimmungsvolles Adagio und ein Scherzo. Herr Bruckner fand viel Beifall vom ziemlich zahlreich versammelten Publikum. 
Dr. Br.« (#).

(##) Österreichische Volkszeitung:
» -r. Bruckner's Konzert. Der auch außerhalb Oesterreichs rühmlichst bekannte hiesige Hoforganist, Konservatorium=Professor Anton Bruckner veranstaltete letzten Sonntag [...] ein von einem sehr zahlreichen Publikum besuchtes Konzert, versetzte durch die mit vollendeter Meisterschaft vorgetragene ergreifende Toccata in C von Sebastian Bach und hierauf durch eine Improvisation für die Orgel [...] das Auditorium in eine Wahrhaft weihevolle Stimmung. [... über die Symphonie: ermüdende Länge, Anklänge an Mendelssohn und Beethoven, einzelne höchst geistvolle Partien, »herrlich instrumentirte Einleitung«] Sowohl der Komponist als die Philharmoniker, welche das Werk mit liebevoller Sorgfalt studirt hatten und, von einer kleinen Schwankung im zweiten Satze abgesehen, mit wahrer Vollendung zur Geltung brachten, ernteten wiederholt stürmischen Beifall.« (##).

(###) Neues Wiener Blatt:
     "Konzert Bruckner. Das von seinem Arrangeur stolz als "Musikalische Schlußfeier der Weltausstellung" bezeichnete Sonntags=Konzert unseres akkreditirten Organisten Herrn Bruckner hatte einen glänzenden äußeren Erfolg. Herr Bruckner wurde sowohl für seine in der That treffliche Interpretation der selten gehörten Bach'schen C-dur=Toccata, wie für eine geistreich dramatisirende Improvisation, besonders aber als Komponist der von den Philharmonikern unübertrefflich exekutirten (Richard Wagner gewidmeten) [sic] C-moll=Symphonie von dem zahlreichen Auditorium mit Beifall überschüttet. Diese Symphonie, deren einzelne Sätze, das trotzige, plastisch abgerundete Scherzo ausgenommen, geist= und schwungvollen, aber maßlosen Improvisationen zu vergleichen sind, enthält so viele charakteristische Eigenheiten und nimmt trotz aller Mängel unter den Instrumentalwerken der Gegenwart einen so hohen Rang ein, daß wir es für Pflicht halten, demnächst auf sie, wie auf das Bruckner'sche Konzert ausführlich zurückzukommen." [keine Signatur].


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 187310285, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-187310285
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11