zurück 26.2.1876, Samstag ID: 187602265

Kritik von Ambros über die 2. Symphonie in der »Wiener Abendpost« (Abendausgabe der Wiener Zeitung) Nr. 46, Beilage S. 182:
    »[...] Zur Einleitung dirigirte Herr Anton Bruckner eine Symphonie an C-moll. „Neu”, hieß es im Programme. Für die Gesellschaftsconcerte sicher, sonst aber erinnern wir uns bestimmt, dieselbe Symphonie schon 1873 gehört zu haben. Bruckner gab damals ein eigenes Concert; der Beifall war tobend. Es ist schwer, ein Urtheil über das Werk kurz zusammenzufassen. Bruckner bekundet in seiner Orchestrirung eine reiche und glänzende Phantasie; in der Conception kommen wirkliche Geniezüge vor, Dinge, welche allenfalls Beethoven geschrieben haben könnte. Aber es fehlt an Zusammenhang, an Maß und an Mäßigung, wir werden durch eine Rhapsodie stürmisch hindurchgerissen, aus welcher wir ermüdet, betäubt herauskommen. Bruckner schwimmt nicht auf den hochgehenden Wogen seiner Phantasie - sie reißen ihn mit sich fort. Alles dieses mit Ausnahme des Scherzo, das jeder gern als sehr gelungen gelten lassen wird. Das Finale hat ein Thema, aus dem viel zu machen wäre; der Componist geräth aber zuletzt in phantastisch=bizarre Züge, welche er nothwendig einer Emendirung unterziehen muß, wenn seine Symphonie ihren Weg weiter machen soll.
           A. W. Ambros.« (*).

Besprechung durch W. Frey im Wiener Salonblatt Nr. 9 auf S. 4, auf S. 6 signiert "F.":
           »Musikbriefe.
   Der dieswöchentliche musikalische Cyclus wurde wieder einmal von einem großen Concerte eröffnet; die Gesellschaft der Musikfreunde ließ am vergangenen Sonntag unter Leitung ihres artistischen Directors das dritte Abonnementsconcert vom Stapel. An der Spitze des Progamms stand eine Symphonie in C-Moll von Anton Bruckner [... über den hier falschen Begriff »Novität« ... über Bruckners Qualifikation ... über das Werk ...] aus der Stärke der Zischlaute konnte man auf eine recht erkleckliche Zahl Solcher schließen, denen die Dichtung des sonst so verdienten Musikers nicht allzusehr gefallen haben mochte. - [...]« (**).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 187602265, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-187602265
letzte Änderung: Feb 19, 2023, 19:19