zurück 5.11.1890, Mittwoch ID: 189011055

Die Neue Zeitschrift für Musik Nr. 45 meldet
   auf S. 499: " *-* In der jüngst stattgehabten Directionssitzung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien [... wurde]  Herr J. Vockner für den auf eigenes Ansuchen für ein Jahr beurlaubten Professor Bruckner als interimistischer Orgellehrer berufen."
   und auf S. 501, daß der Wagner-Verein für den 2. Konzertabend im kleinen Musikvereinssaal am 20.12.1890 Bruckners 5. Symphonie in der Bearbeitung für 2 Klaviere und das Credo der f-moll-Messe plane: "[...] Am II. Abend, 20. December 1890: [...] 4. Anton Bruckner: 5. Symphonie (Bearbeitung für zwei Claviere). [...] 7. Anton Bruckner: "Credo" aus der Messe in Fmoll für Solo=Quartett und Chor. - Am III. Abend [...]" (*).

Der Welser Anzeiger Nr. 44 berichtet auf S. 2 und S. 5, daß der oö. Landtag [am 30.10.1890] Bruckner eine jährliche Zuwendung von 400 fl. bewilligt hat (**).
auf S. 2:
     "Ehrengabe für Professor Bruckner. In der 10. Sitzung des oberösterreichischen Landtages am 30. v. verlas der Landeshauptmann Abt Achleuthner einen vom Bischof Dr. Doppelbauer eingebrachten und von fast sämmtlichen Abgeordneten beider Parteien unterzeichneten Dringlichkeits=Antrag, welcher lautet: "Die leuchtendsten Blätter der oberösterreichischen Geschichte sind jene, in welchen die Träger der Wissenschaft und Kunst mit flammenden Lettern eingetragen erscheinen. Klein ist unser theueres Heimatland, aber in der Fülle derjenigen [sic], was seine Söhne auf dem Gebiete der geistigen Kultur geleistet, steht es hinter keinem der größten Nachbarländer zurück. Wem unter uns wäre der Name des Historikers Franz Kurz aus Kefermarkt, jener des Dichters Franz Stelzhammers aus Großpiesenham eine unbekannte Größe geblieben? Oberösterreich braucht jedoch nicht allein von der Vergangenheit zu zehren; die Gegenwart hat uns auch in der Poesie der Töne einen Meister verliehen, gleich groß in souveräner Beherrschung der Orgel, jenes vielsprachigen, in aller Herzen dringenden Instruments, wie in den [sic] höchsten Genre der absoluten Musik, der Symphonie, würdig einem Beethoven an die Seite gestellt zu werden. In seinem engeren Heimatlande schon längst nach Gebühr geschätzt und gewürdigt, hat er von der musikalischen Welt zwar späte, aber desto rückhaltslosere Anerkennung gefunden, sein Name schwebt auf allen Lippen: Hoforganist Anton Bruckner aus Ansfelden. Im Jahre 1824 geboren, hat der Künstler die rüstigsten Jahre des Lebens, welche er der Pflege der edlen Tonkunst geweiht, längst hinter sich. Oberösterreich hält es daher für eine selbstverständliche Pflicht, diesem Manne, welcher seinem Heimatlande zur besonderen Zierde gereicht, als geringen Ausdruck seiner innigen Verehrung und Werthschätzung eine Ehrengabe auf die Zeit seines Lebens zu bieten. Die Gefertigten stellen demnach den Dringlichkeitsantrag: Der hohe Landtag wolle dem vaterländischen Tonkünstler Anton Bruckner zum Zeichen der Anerkennung seines dem Lande zur hohen Ehre gereichenden Wirkens eine Ehrengabe auf die Zeit seines Lebens im jährlichen Betrage von 400 fl. bewilligen." Der Dringlichkeitsbehandlung wird zugestimmt, worauf der Antrag ohne Debatte einstimmig angenommen wird."
auf S. 5:
     "10. Sitzung am 30. Oktober.
     Der Landeshauptmann Abt Leonhard Achleuthner eröffnet um 10 Uhr die Sitzung. [...] 
     Ueber einen vom Bischof Dr. Doppelbauer eingebrachten und von fast sämmtlichen Abgeordneten beider Parteien unterzeichneten Dringlichkeits=Antrag wird dem vaterländischen Tonkünstler Anton Bruckner zum Zeichen der Anerkennung seines dem Lande zur hohen Ehre gereichenden Wirkens, eine Ehrengabe auf die Zeit seines Lebens im jährlichen Betrage von 400 fl. bewilligt. [...]" (**).

Die Linzer Tagespost Nr. 255 teilt auf S. 3 mit, daß im Landtag ein Dankschreiben Bruckners [3.11.1890] verlesen wurde:
          "Oberösterreichischer Landtag.
                   
11. Sitzung am 4. November.
    Vorsitzender: Landeshauptmann Abt Achleuthner. Am Regierungstische: Statthalter Freiherr v. Puthon, Hofrath Heyß.
     [...] Hierauf verliest der Vorsitzende ein Schreiben des Professors Anton Bruckner folgenden Inhalts: "Hoher oberösterreichischer Landtag! Nach vielen trüben Tagen in meinem Berufe folgte am 30. October d. J. ein Tag des hellsten Sonnenscheines, wie mir gewiss wenige in meinem ganzen Leben geworden. Es ward mir an diesem Tage die mich höchste ehrende Anerkennung des hohen Landtages zutheil, welche mein Innerstes mit Rührung und Freude tief erfüllte. Wolle der hohe oberösterreichische Landtag meinen unterthänigsten Dank gnädigst entgegennehmen. Die hohe Auszeichnung wird mir ein neuer Sporn meines Wirkens sein für die ganze mir noch gegönnte Lebensdauer.
     Mit dem Ausdrucke etc. etc.
[... weitere Tagesordnung ...]" (***).

Den Text von Bruckners Brief (mit minimalen Abweichungen) teilt auch das Linzer Volksblatt Nr. 255 auf S. 3 mit:
        "Oberösterreichischer Landtag.
                   
(11. Sitzung.)
                            Linz, am 4. November.
     Vorsitzender: Herr Landeshauptmann Abt Leonard Achleuthner. Von Seite der k. k. Regierung sind anwesend: der Herr k. k. Statthalter Freiherr von Puthon und Herr Hofrath Karl Heyß.
[...]
     Der Vorsitzende verliest sodann folgendes Schreiben: "Hoher oberösterreichischer Landtag! Nach vielen trüben Tagen in meinem Berufe folgte am 30. October d. J. ein Tag des hellsten Sonnenscheines, wie mir gewiss wenige in meinem ganzen Leben geworden. Es ward mir an diesem Tage die mich höchste ehrende Anerkennung des h. Landtages zutheil, welche mein Innerstes mit Rührung und Freude tief erfüllte. Wolle der hohe Landtag von Oberösterreich meinen unterthänigsten Dank gnädigst entgegennehmen. Die hohe Auszeichnung wird mir ein neuer Sporn meines Wirkens sein für die ganze mir noch gegönnte Lebensdauer.
     Mit dem Ausdrucke tiefsten Respectes
                         Anton Bruckner."
[... weiterer Verlauf der Sitzung ...]" (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189011055, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189011055
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11