zurück 11.12.1891, Freitag ID: 189112115

Im Sophiensaal Festkommers des Akademischen Gesangvereins anläßlich Bruckners Promotion. Karl Lorenz holt Bruckner zu Hause ab, der auf die große Zahl der Gäste (ca. 3000) nicht vorbereitet ist. Die Kapelle des Wiener Schützenvereins unter Josef Kopetzky spielt Stücke von Wagner (Tannhäuser, Rienzi) und Weber (Freischütz). Bruckner wird vom Präsidium (Dr. Wähner, A. Riß und Hemetsberger) begrüßt. Der Akad. Gesangverein unter Mader singt neben einigen Burschenschaftsliedern Richard Wagners Chor »An die Kunst« (orchestriert von R. Weinwurm (*a)) und Bruckners »Germanenzug« (*).

Nach dem Überreichen eines Kranzes »Seinem Ehrenmitgliede Dr. Anton Bruckner. / Der Wiener Akademische Gesangverein 11.12.1891« (**) folgt die Festrede Franz Schaumanns (***).
    Bruckner dankt in schlichten und herzlichen Worten und erwähnt Hartl, Reinisch, Stefan, Schenkl, Exner und Haan als seine Gönner an der Universität (°).
   Rektor Exner spricht über die Beziehung Wissenschaft-Kunst (»Ich beuge mich vor dem ehemaligen Unterlehrer von Windhaag«).
   Nach dem Salamander-Reiben werden Briefe und Telegramme verlesen:
Von Dr. Boller, Prof. Stefan, Wiener Männergesangverein, Hellmesberger, Konservatorium, aus Linz (Altwirth, Fink, Dr. Hoke, Kanamüller, Maurhard, Dierkes, Wilh. Kienzl, Sängerbund, »Frohsinn« (°°a), Musikverein, Wagner-Verein, Bgm. Wimhölzl), von Graf Lamberg, aus Steyr (°°b), Pressburg, Graz, Innsbruck, St. Florian, Krems, Berlin (Schwalm, Ochs), Pest (Gianicelli), München (Levi), Salzburg (Hummel), Karlsruhe (Mottl) und Bayreuth (Wolzogen) (°°).
   Reimers trägt ein Gedicht Grillparzers vor. Zum Schluß spricht Prof. Höfler vom Wagner-Verein noch einen Toast (°°°).

Bruckner ist bei der von Reimers organisierten Exkneipe noch anwesend, außerdem u. a. noch Prof. Toula, die Abgeordneten Kaiser und Homann von Wellenhof, Frau Papier (#).

An dem Kommers nehmen u.a. teil: Almeroth, Dr. Dlauhy, Oberleithner und Török [als »Sponsoren«] (##), Gutmann (###), Schwanzara (a), Gäste aus Graz und Prag (b), Grande (c), Göllerich (d) und viele weitere Gäste:
die Professoren Benndorf, Friedrich Müller, Neumann, Swoboda, Toula und Wiesner, die Reichsratabgeordneten Dr. Bareuther, Dötz, Fuß, Hofmann von Wellenhof, Kaiser, Kindermann, Pattai, Riegler und Steinwender, Frau Rosa Papier, Theodor Helm, Österlein, Rektor Almwarth aus Berlin und Dr. Fischer (e).
Zu Göllerich bemerkt der Jahresbericht:
"Herr Göllerich hatte ebenfalls zugesagt, eine Festrede zuhalten, und hatte in anerkennenswerthester Weise die Reise nach Wien gemacht, um an dem Commmers theilnehmen zu können. Er lehnte nunmehr aber die wiederholten dringenden Bitten der Vereinsleitung, zu diesem Zeitpunkte [nach Exners Rede] zu sprechen, unter Hinweis auf die vorgerückte Stunde ab. Es hatte dies, da die Commerstheilnehmer in Unkenntnis von der Sachlage waren, wiederholte, leider vergebliche Göllerich-Rufe zur Folge. Wir würden es bedauern, wenn Herr Göllerich sich gekränkt fühlen solle. Die daraus abgeleiteten muthwilligen Angriffe des "Deutschen Volksblattes" aber gegen den Verein und seine Leitung müssen wir auf das Energischeste zurückweisen. Dieses Blatt zeigte auch in der Folge dem Vereine gegenüber wiederholt eine feindselige Haltung." (e1).

Josef Kluger begleitet Bruckner nach Hause (f).

Im Jahresbericht 1891/92 des Wiener Akademischen Gesangvereins ist auf S. 7f zu lesen:
     "Die Bedeutung des Bruckner-Commerses ist in doppelter Hinsicht zu würdigen. [... Rückblick auf frühere Commerse und die Absage der Körner-Feier ...] Als bald darauf die Idee eines Bruckner-Commerses auftauchte, entschloss sich der "Akademische", durch die Vereitelung der Körner-Feier belehrt, die Angelegenheit allein in die Hand zu nehmen.
     Was andererseits die innere Berechtigung dieser grossen Feier betrifft, so sagen wohl alles die Worte: Bruckner, der grösste lebende Symphoniker, Bruckner, der lang verkannte, von einer neidischen Kritik Geschmähte, an dem die Gegenwart alle Ursache hat, gut zu machen, was die Vergangenheit verschuldet. Die Wiener Universität hatte diesen Mann der höchsten Auszeichnung für würdig erachtet, die sie zu verleihen vermag, der Würde eines Ehrendoctors. Sollte nicht die Studentenschaft ihre begeisterte Zustimmung kundgeben?
     Die Bedeutung Bruckner's hier zu erörtern, kann nicht Sache des Berichterstatters sein; der "Akademische" hat dieselbe früh gewürdigt und seiner Anschauung schon vor mehreren Jahren durch Ernennung Bruckner's zum Ehrenmitgliede Ausdruck verliehen. Wir verweisen im Uebrigen auf die Rede, welche unser Ehrenmitglied Franz Schaumann am Commerse gehalten, deren Wortlaut wir im ersten Abschnitte des Jahresberichtes veröffentlichen.
     Ueber den glänzenden Verlauf des Commerses, an dem weit über dreitausend Personen theilnahmen, müssen wir ebenfalls auf die Chronik verweisen." (f1).
Und auf S. 14 bei den Danksagungen heißt es: "anlässlich des Bruckner-Commerses liefen von mehreren Seiten bedeutende Beträge ein, insbesondere von den Herren Karl Almroth [sic! recte Almeroth] in Steyr, Dr. Max v. Oberleithner, Dr. Guido Török (namens mehrerer Bruckner-Verehrer) und dem akademischen Richard Wagner-Vereine." (f2).

[??] Auf die Aufführung des »Germanenzugs« hatte auch die »Presse« vom Tage hingewiesen (g).

Ankündigung des Konzerts vom 13.12.1891 (mit der 1. Symphonie) durch ein Inserat im Illustrierten Wiener Extrablatt Nr. 340 auf S. 11:
"Grosser Musikvereins-Saal. / Sonntag, den 13. December, Mittags halb 1 Uhr: / III. Philharmonisches Concert. / Programm: / [...] A. Bruckner: Symphonie in C-moll, Nr. 1 (Erste Aufführung.) [... Kartenverkauf bei Berté ...]" (h).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189112115, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189112115
letzte Änderung: Mai 14, 2024, 8:08