zurück 19.12.1891, Samstag ID: 189112195

»Die Presse« Nr. 348 bringt auf S. 1ff ein Feuilleton von R. Hirschfeld, in dem eine gesonderte Besprechung der 1. Symphonie angekündigt wird:
          "Concerte.
     Aus dem Concertgewimmel der Mozart=Tage ragen die Festconcerte der Gesellschaft der Musikfreunde hervor. [... über diese und andere Konzerte ... Seite 3: über den Geiger Johannes Wolff ...] Das große Ereigniß des letzten "Philharmonischen", die Aufführung der ersten Symphonie von Bruckner, soll gesondert besprochen werden. [... kurz über weitere Konzerte ...]      Dr. Rob. Hirschfeld." (*).
Ein Inserat auf S. 12 weist auf das morgige Konzert mit dem »Te deum« hin:
"[...] 5. Bruckner: Te Deum, für Chor mit Soli, Orchester und Orgel. (II. Aufführung.) [...]" (**).
Fast identisch die Inserate in der Neuen Freien Presse Nr. 9812 auf S. 13:
"[...] 5. Bruckner: Te Deum, für Chor mit Soli, Orchester und Orgel. (2. Aufführung.) [...]" (***)

und in der Wiener Zeitung Nr. 292 auf S. 12: "[...] 5. Bruckner: Te Deum, für Chor mit Soli, Orchester und Orgel. (2. Aufführung.) [...]" (***a).


Besprechung (signiert »-n.«) der 1. Symphonie (am 13.12.1891) im »Vaterland« Nr. 348 auf S. 6:
          "Concerte.
                  IV.
     Das dritte philharmonische Concert bot uns am letzten Sonntag die leider so seltene Gelegenheit, ein großes symphonisches Werk Anton Bruckner's zu hören. Diesmal war es die erste (C-moll-) Symphonie, welche würdig befunden ward, in den eisernen Ring der philharmonischen Programme einbezogen zu werden. [... als Lohn ein drückend voller Saal, "das blasirte Stammpublicum" geriet ins Hintertreffen, Beifallsstürme, Lorbeerkranz ...] Mit diesem äußeren Erfolge stand der innere in vollstem Einklange; es ist nur eine Stimme unter Denen, die es ehrlich meinen, daß Bruckner schon in diesem ersten symphonischen Werke die höchsten Bahnen der Kunst wandelt. [... Erfindungsgabe, Kontrapunktik, Instrumentierung höchstens von späteren Werken übertroffen ...] Freilich gährt es in dieser ersten Symphonie noch ganz gewaltig; von der wundervollen Klarheit der siebenten steht sie noch ein tüchtiges Stück ab; die Contraste, deren Meister ja Bruckner ist, springen noch manchmal greller gegeneinander, als wir es in den maßvolleren späteren Werken finden. Ueber die Symphonie aber deshalb den Stab brechen, hieße die Urkraft verkennen, welche Bruckner's Schaffen zu allen Zeiten innewohnte, eine Urkraft, welche der Meister selbst in die Fesseln der Formschönheit gelegt hat, wie es so deutlich die dritte, vierte und siebente Symphonie zeigen. [... kurz zu den einzelnen Sätzen, Finale schwerer fassbar, Wiederholung angezeigt ... vielleicht durch den Wagner-Verein ...],  wie sich das im Vorjahre bei der D-moll-Symphonie so trefflich bewährt hat. - In demselben Concerte [... Wolff mit Spohr ...].
     [... über die Mozart-Festkonzerte ... Fritz Krastels Prolog habe Allgemeingültigkeit:], z. B.:
        ". . . . Wer seiner Zeit vorausgeboren
        Wird voll und ganz von Wenigen erkannt!
        Der Dumpfheit bleibt das Große noch verloren,
        Am Altgewohnten klebt sie festgebannt.
     Wir mußten bei diesen Worten unwillkürlich eines Mannes gedenken, dessen künstlerisches Erdenwallen wohl auch eine Kette von Mißachtung, Enttäuschung und Zurücksetzung war, dessen Stern aber endlich das dunkle Gewölk dennoch durchbrochen und den Kampf mit der "Dumpfheit" siegreich bestanden hat. Sein Name ziert die einleitenden Zeilen dieses Berichtes.
     [... 2. Festkonzert ... Requiem im Stephansdom, die Klänge drangen] bis zu jener kleinsten Capelle, wo vor hundert Jahren der schlichte Sarg des Unvergeßlichen stand!
                            -n." (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189112195, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189112195
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11