zurück 29.3.1892, Dienstag ID: 189203295

Bruckners »Ave Maria« [WAB 6, Konzert am 27.3.1892] wird in Hans Puchsteins Feuilleton (auf S. 1 - 3) im Deutschen Volksblatt Nr. 1162 auf S. 2 erwähnt: »Aus den Concertsälen. [... Übersicht ...] Alljährlich, "wenn der Frühliung kommt, wenn erwachen die Lieder", laden unsere ersten Gesangvereine ihre Getreuen in den Prachtsaal des Musikvereinsgebäudes [... Schubertbund und vorgestern Wiener Akademischer Gesangverein ...] Das Programm enthielt die Namen Beethoven, Schubert, Wagner, Bruckner, Grieg und Geza v. Zichy und erweckte dadurch große Erwartungen und die Hoffnung auf ein genußreiches Concert, die aber leider bitter enttäuscht wurden. Der Raum, der den Compositionen der einzelnen Meister im Programme eingeräumt war, stand im umgekehrten Verhältnis zu der Bedeutung ihrer Schöpfer, und der künstlerische Werth des ganzen Concertes bleib daher nahezu gleich Null. [... harte Kritik an Zichy ...] Wir haben nichts gegen die Förderung fremdländischer Talente einzuwenden, wenn diese es in Wahrheit verdienen, müssen aber mit aller Energie dagegen protestiren, daß ein von der deutschen Studentenschaft gegründeter Gesangverein, der die Ehre genießt, einen Anton Bruckner unter seinen Ehrenmitgliedern aufführen zu dürfen, so schätzenswerthe Kräfte [... wie Frl. Standthartner und die Herren Neidl und Schittenhelm ...] an völlig minderwerthige Schöpfungen ausländischer Componisten vergeudet. [... von deutschen Meistern konnte man nur Beethoven, Schubert, Richard Wagner ...] und Bruckner's oft gesungenes "Ave Maria", das von der gewaltigen Größe des Meisters, trotz seiner wunderherrlichen Schönheit, doch keinen klaren Begriff gibt, aufführen [... wegen Zichy zu wenig Probenarbeit ...] Der Wagner'sche Chor klang ziemlich roh und im Bruckner'schen "Ave Maria" waren die Einsätze der einzelnen Stimmen fast durchwegs recht unsicher. Möge der Akademische Gesangverein doch endlich einmal seine Aufgabe darin erkennen, ein Hort idealster deutschester Kunst zu sein. Mit der Ernennung deutscher Meister zu Ehrenmitgliedern ist doch nicht Alles gethan. Wenn ein Bruckner das Ehrendiplom des Vereines annimmt, so ist das ein Ehre für den letzteren, die er mit allen Kräften zu verdienen trachten muß und das kann er einzig und allein, wenn er im Sinne des Meisters wirkt. Wie das zu geschehen hat, das ist an dieser Stelle schon des Oefteren erklärt worden. August Göllerich hat dem Verein nicht nur einmal, nein, zu wiederholtenmalen, eine ganze Reihe von Compositionen Liszt's, Wagner's, Bruckner's, ja auch mehrere Chöre von Peter Cornelius aufgezählt [... deren Aufführung lohnt ... im Konzert war wenig Resonanz im Publikum ...] Zu welchem bedeutsamen Ereignisse hätte sich das Concert gestaltet, wenn sich die Vereinsleitung erinnert hätte, daß von Anton Bruckner's Messen vor mehreren Jahren erst eine einzige aufgeführt wurde, und daß die anderen gleich großartigen Schöpfungen des Meisters noch des erlösenden Rufes nach Auferstehung harren. Die günstige Constellation ist leider ungenützt geblieben, möge einer eventuellen zweiten gleich vortheilhaften Gelegenheit nicht dasselbe Schicksal bereitet werden. [... mehr Lob für den Schubertbund ... über weitere Konzerte ...] Hans Puchstein.« (*).
 
"Das Vaterland" Nr. 89 erwähnt auf S. 1 die Bruckner am 30.10.1890 zuerkannte Ehrengabe:
"Der "clericale" oberösterreichische Landtag und seine culturellen Leistungen und Bestrebungen.
     Der oberösterreichische Landtag besteht seit dem Jahre 1884 aus 33 conservativen Abgeordneten, welchen 17 liberale (seit dem Jahre 16 deutschliberale und 1 deutschnationale) gegenüber stehen. [... über die Politik der "schwarzen" Majorität ...]
     Ueber Antrag des hochw. Bischofs Dr. Franz Maria Doppelbauer hat der oberösterreichische Landtag in der Sitzung am 30. October 1890 einstimmig beschlossen, dem vaterländischen Tonkünstler Anton Bruckner zum Zeichen der Anerkennung seines dem Lande zu hohen Ehre gereichenden Wirkens eine Ehrengabe auf die Zeit seines Lebens im jährlichen Betrage von 400 fl. zu bewilligen.
     Die schwunghafte Begründung des Antrages ist seinerzeit im "Vaterland" mitgetheilt worde.
     [... weitere Beispiele für kulturelle Förderung ... = Zeichen des Fortschritts ...]
     Die kurze Schilderung dürfte genügen, um manchen Zweifel darüber zu beseitigen, wie die Conservativen Oberösterreichs denken und handeln." (**).
 
Das "Dagblad van Zuidholland en 's Gravenhage" Nr. 75 berichtet auf S. 2 von den Plänen der Internationalen Musik- und Theaterausstellung:
"           Kunst en Wetenschap.
[...]
     Het muziek-comité der Weener Muziektentoonstelling heeft o. a. de volgende heeren componisten en dirigenten tot medewerking op die Tentoonstelling aangezocht: Brahms, Bruch, Bruckner, Bülow, Cowen, Dvorak, Fuchs, Goldmark, Grieg, Levi, Mascagni, Massenet, Mottl, Rubinstein, Saint-Saëns, Schiuch, Sgambati, Svendsen, Sullivan, Tschaikowsky en Verdi.
    In de afdeeling voor muziekgeschiedenis, die in zeven onderafdeelingen is gesplitst, zal de derde geheel gewijd zijn aan de Nederlandsche muziek uit den tijd van 1400 tot 1600. Uit München is de toezegging ontvangen van een speciale Tentoonstelling, betrekking hebbende op Orlando di Lasso, den laatsten grooten Nederlandschen contrapunktist (1520—1594)" (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189203295, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189203295
letzte Änderung: Feb 21, 2023, 11:11