zurück 15.5.1892, Sonntag ID: 189205155

Brief Oberleithners an Schott:
    Wegen des Druckes der 1. Symphonie. Kündigt einen Brief Hans Richters in dieser Angelegenheit an (*).

Im Bericht der Grazer Tagespost Nr. 135 (9. Bogen) von der Musik- und Theater-Ausstellung wird ein Schattenspiel beschrieben, das Bruckner an der Orgel zeigt [vgl. 14.5.1892]:
"         Theater= und Musikausstellung.
    Seit gestern zählt die Ausstellung eine Specialität mehr: das Schattenspiel, von dem die "N. Fr. Pr." die folgende Beschreibung gibt: "Obwohl das Theater ganz chinesisch decorirt ist, so ist doch das Schattenspiel selbst echt wienierisch und local – eine amüsante Revue bekannter Persönlichkeiten aus der Wiener Kunstwelt und Gesellschaft, denen sich eine Reihe typischer Straßenfiguren anschließt. Schließmann hat sie gezeichnet und im Profil, in der Haltung und Bewegung so treffend charakterisirt, daß jede Figur beim Erscheinen vom Publikum alsbald laut mit dem Namen begrüßt wurde. Der Schriftsteller Isidor Fuchs hat dazu einen witzigen Text mit drastischen Anspielungen geschrieben, der von dem Volkssänger Schwarzmaier sehr wirksam vorgetragen wurde. Besonders die gesprochenen und gesungenen Stimmporträts wurden vom Publikum mit stürmischer Heiterkeit aufgenommen. Die begleitende Musik wurde auf dem Clavier von Herrn S. A. Erik besorgt.
     Der Zuschauerraum verfinsterte sich plötzlich, und im Vorhang öffnete sich ein von rückwärts grell beleuchtetes transparentes Feld – die Bühne des Schattenspiels. Gleich die erste Figur, die auftauchte, wurde lebhaft begrüßt und acclamirt. Alles rief: "Jahn, Jahn!" [... Wilhelm Jahn, den Pilgerchor dirigierend, Johann Strauß ...] Dann kam Meister Bruckner mit begeistert gehobenem Haupt an der Orgel unter den Klängen eines Chorals. Hierauf erschienen nach einander die populären Dirigenten der Wiener Tanzorchester [... außerdem u. a. Max Kalbeck, Opernsänger, Hans Richter, einige Philharmoniker (Hummer, Grün, Bachrich), Sarasate, Rubinstein, Bülow, Tilgner, Burgschauspieler, Girardi ...] Es ist echt wienerisches Amusement, künstlerisch ausgeführt und belebt von Geist und Humor."
     [...]" (**).

Bruckner wird erwähnt in der mit "- Freyr - " signierten ausführlichen Besprechung des Eröffnungskonzerts vom 8.5.1892 in der Ostdeutschen Rundschau Nr. 20 auf S. 5f (Umfang: fast eine komplette Druckseite!):
"     Festconcert in der Musik- und Theater-Ausstellung.
     Sonntag, den 8. Mai d. J., Nachmittags 3 Uhr fand in der Musikhalle der "Internationalen Musik= und Theater=Ausstellung" in Wien ein außerordentlich gelungenes Festconcert statt. Zur Aufführung gelangte Mozarts "Ouverture zur Zauberflöte" und Beethovens "Neunte Symphonie".
     [... überwiegend zur Symphonie ... Wagners Meinung dazu ...]
     – Diese Symphonie Beethovens sprengt in ihrem allgewaltigen Drang nach Unbeschränktheit des Ausdruckes manche beengende Regel, ihre weltmetaphysische Bedeutung drängt und sehnt sich nach noch Größerem – dem Musikdrama. Wagner nennt sie den künstlerischen, von Beethoven zum Musikdrama geschmiedeten Schlüssel. Eine merkwürdige, musikalisch hoch bedeutende Fortsetzung im Geiste der kühnsten Errungenschaften der 9. Symphonie erfährt die absolute Instrumentalmusik nur noch in den Symphonie Anton Bruckner's.
     – – – Es erübrigt uns noch von den Solo=Sängern und Sängerinnen zu sprechen, [... Soloquartett, Hans Richter (dirigierte auswendig). – Die Akustik der "Tonhalle" ist eine gute. – Schade, daß der Genuß des musterhaften Concertes in Folge der sehr theuren Plätze fast nur den oberen Zehntausend ermöglicht wurde!            – Freyr – " (***).

Ein Inserat in der Neuen Freien Presse Nr. 9958 auf S. 5 macht auf den Erstdruck des "Vexilla regis" aufmerksam:
"   "Album der Wiener Meister", veranstaltet von der Ausstellungs=Commission, enthaltend Compositionen von: Brahms, Bruckner, Brüll, Robert Fuchs, Goldmark, Grädener, Heuberger, Millöcker, Reinhold, Johann Strauß, Suppé, Zeller, Zellner, Ziehrer. Pracht=Ausgabe fl. 1.80. Gesammtes Erträgniß den humanitären Zwecken der Ausstellung gewidmet. Verlag von Josef Weinberger, Wien, Kohlmarkt 8." (°).

The Cincinnati Enquirer Nr. 136 gibt auf S. 19 in der 6. Spalte einen Überblick über das Mai-Festival [mit dem "Te deum" am 26.5.1892]:
"        FESTIVAL FANCIES.
Review of the Formidable Programme.

[...]
     The daily sale of single seats for the Festival continues at the John Church Company very satisfactorily to the Directors.
     The preference seems to run largely for Friday night, with Tuesday a good second. [... die ersten Konzerte und Solisten ...].
     The Thursday evening festival concert introduces Mme. Ritter-Goetz, who is above any contralto since Miss Cary was the great attraction. She sings in the beautiful Christmas oratorio of Bach, as does also Mrs. Lawson, Mr. Lloyd and Mr. Holmes, probably as fine a quartet as has ever appeared here. A brilliant work, the "Te Deum." by Bruckner, will be given the same night by the same singers. Schuman's [sic] First Symphony completes the great programme for the evening. Music lovers will hardly find a more
                   ATTRACTIVE PROGRAMME
than this. [... über das Weihnachts-Oratorium ...]. The Friday night programme [... Opernabend, Dvorak-Requiem, zwei Nachmittagskonzerte ... ]." (°°).

(Außerordentliches Gesellschaftskonzert unter Gericke mit Haydns »Jahreszeiten« anläßlich der Musik- und Theater-Ausstellung (°°°)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189205155, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189205155
letzte Änderung: Aug 03, 2023, 20:20