zurück 11.7.1892, Montag ID: 189207115

Ärztliches Zeugnis, unterzeichnet von Dr. Guido von Török, Dr. Friedrich Kraus und Dr. Otto Kahler:
    Bruckner werde seit Sommer 1890, zuletzt seit dem 3.5.1892 von ihnen behandelt. Er leide 1. an Arteriosklerose, Herzinsuffizienz, Ödemen in den unteren Extremitäten und Krampfadern, 2. an Leber-Zirrhose und 3. an Diabetes mellitus. Diese Leiden seien unheilbar. Bruckner bedürfe der allergrößten Schonung und sei zu jeder Dienstleistung dauernd unfähig (*).

Datierung (anläßlich einer letzten Revision) im 150. Psalm (**).

Schwanzaras Mitschrift der letzten Universitätsvorlesung Bruckners im Sommersemester (***). Den Abend verbringen Bruckner und Schwanzara beim Gasthaus »Zur blauen Kugel« (°).

Besprechung der 3. Symphonie (Aufführung am 9.7.1892) in der Wiener Abendpost Nr. 156 auf S. 5f, signiert "p." [Paumgartner?]:
"            Theater= und Musik=Ausstellung.
                                                 Wien, 11 Juli.
     p. Vorgestern Samstag fand in der Musikhalle der Ausstellung das dritte Symphonie=Concert der Componisten und Gastdirigenten statt. Herr Ferdinand Loewe war diesmal berufen, am Dirigentenpult zu wirken. [... beim Wagner-Verein als Klavierspieler bekannt, ehrenvoller Erfolg vorgestern, auswendig dirigiert ...] – Besondere bewundernde Anerkennung verdient Herr Loewe für die ausgezeichnete Aufführung der grandiosen dritten (D-moll-)Symphonie von Anton Bruckner (Richard Wagner gewidmet). Das gewaltige symphonische Tongedicht wurde in allen Sätzen unter Herrn Loewe's ausgezeichneter Leitung prächtig gespielt. Ueber die Ausführung der Beethoven'schen "Coriolan"=Ouverture läßt sich Manches sagen. [... Tempofreiheiten ...] Das Publicum, welches Bruckner große Ovationen bereitete, zeichnete auch Herrn Loewe in der ehrenvollsten Art mit stürmischem Beifalle aus. Der übliche Lorbeerkranz durfte dabei natürlich auch diesmal nicht fehlen." (°°)

und in der Extrapost Nr. 547 auf S. 6 (signiert "-a-"):
     "Von der Ausstellung. [...] Beethoven, Wagner, Berlioz und Bruckner bildeten die Signatur des letzten Componistenabends, der auf diese Art eine Zukunftsmusikphysiognomie annahm, die ihm - wie alle Freunde des Fortschrittes in der Musik einhellig zugaben - gar nicht übel stand. Bruckner's D-Moll-Symphonie, dieselbe, welche dem Componisten einst bei Wagner das "leitmotivisch" wiederkehrende Scherzwort "Bruckner - die Trompete!"! eintrug, bildete den Mittelpunkt des Concertes. Das in letzter Zeit oft gehörte große Werk gab Anlaß zu den stürmischesten Ovationen für den greisen Meister. Professor Ferdinand Löwe, der Dirigent dieses Abends, leitete das Orchester mit vieler Umsicht, aber wenig Temperament. Er stand anstatt in der Mitte des Orchesters zu hoch über demselben und legte eine Objectivität an den Tag, die den Anschein vollständiger Kälte erweckte; thatsächlich waren die sonst so feurigen Leistungen des Symphonieorchesters (besonders die Ausführung der "Coriolan"-Ouverture) wenig temperamenztvoll. Die Fortellen [sic] klangen wenig wuchtig, die Uebergänge matt und die Gesangsmelodien schwunglos. Wenn es nicht die Werke selbst gethan hätten, die Ausführung hätte nicht hingerissen. [... die Populärkonzerte sollten eine Dauereinrichtung werden, die Gesellschaft der Musikfreunde sei da in der Pflicht ...]. -a-" (°°a).

(Bei der Schluß-Produktion des Wiener Konservatoriums spielt Viktor Christ eine [Trompeten]-Bearbeitung von Schuberts »Ständchen« (°°°). In diesem Konzert wird auch der 1. Satz von Zemlinskys Symphonie aufgeführt. Bei dieser Gelegenheit wird er durch Johann Nepomuk Fuchs mit Brahms bekannt gemacht (#)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189207115, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189207115
letzte Änderung: Mai 14, 2024, 8:08